Tote Schweine in einem Schlachthof
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Wegen Verstößen gegen den Tierschutz und Tierquälerei sind zwei Schlachthöfe am Untermain geschlossen worden.

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Schlachthof-Skandale: "Mehrere Kontrollinstanzen haben versagt"

Wegen Verstößen gegen den Tierschutz und Tierquälerei sind zwei Schlachthöfe am Untermain geschlossen worden. Der Verein "Soko Tierschutz" hat nun weitere Details dazu veröffentlicht und auch diejenigen kritisiert, die für Kontrollen zuständig waren.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Die Tierschutzorganisation "Soko Tierschutz" hat am Nachmittag ihre zusammenfassenden Erkenntnisse zu den beiden geschlossenen Schlachthöfen am Untermain bekannt gegeben. In beiden Fällen handle es sich um kleine bis mittelgroße Betriebe. Friedrich Mülln von der "Soko Tierschutz" sprach von einer "Verrohung" der Mitarbeiter in diesen Betrieben. Auch bemängelte er fehlende Kontrollen.

Vorwürfe: Auch in Aschaffenburg kranke Tiere geschlachtet?

Der Verein "Soko Tierschutz" hat auch neue Bilder aus dem Schlachthof in Aschaffenburg vorgelegt. Darauf sieht man tote Schweine, die offensichtlich krank waren und trotzdem geschlachtet wurden. "Hier haben mehrere Kontrollinstanzen versagt", so Mülln.

Oft seien keine Veterinäre vor Ort, wenn geschlachtet werde. Menschliches oder technisches Versagen seien die Ursache solcher Vorfälle. Laut Mülln habe sich das ganze Ausmaß der kriminellen Energie in Aschaffenburg gezeigt, "wenn Mitarbeiter lebenden Tieren Körperteile abtrennen oder Augen ausstechen."

Kritik an tierärztlichen Kontrollen

Im Fall Aschaffenburg seien in der Regel zwei bis drei Veterinäre vor Ort, wenn geschlachtet werde. Trotzdem habe dies im Schlachthof Aschaffenburg nicht funktioniert. Denn eigentlich müssten die Veterinäre auch bei der Lebendtierbeschau vor Ort sein.

Nach Angaben der "Soko Tierschutz" habe eine Lebendtierbeschau auch in dem zweiten Schlachtbetrieb im Landkreis Miltenberg nicht stattgefunden. Friedrich Mülln ist nach eigenen Aussagen keine einzige Schlachtung in den vergangenen Jahren bekannt, bei der eine Lebendtierbeschau stattgefunden habe.

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Der Verein "Soko Tierschutz" hat weitere Details rund um die Schlachthof-Skandale am Untermain veröffentlicht.

Werden Tierärzte unter Druck gesetzt?

Auch würden in vielen Schlachtbetrieben Tierärzte unter Druck gesetzt. So habe eine Tierärztin im Schlachthof Aschaffenburg sogar Hausverbot bekommen, weil sie zu streng auf die Einhaltung der Richtlinien geschaut habe. Ob sich dieser oder ähnliche Fälle so zugetragen haben, ist nach ersten Recherchen von BR24 nicht eindeutig zu klären. Der Stadt Aschaffenburg liegen zu diesen Vorwürfen keine Informationen vor, heißt es auf Anfrage. Auch die für Aschaffenburg zuständige Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) hat keine Hinweise, dass es zu Bedrohung von Veterinärmedizinern in Aschaffenburg gekommen ist.

Die Verantwortlichen der Schlachthöfe in Aschaffenburg und dem Landkreis Miltenberg waren für Stellungnahmen bislang nicht zu erreichen. In einer früheren Mitteilung hieß es vom Schlachthof-Betreiber in Aschaffenburg, dass betroffene Mitarbeiter von ihren Aufgaben entbunden wurden. Der Schlachthof wolle gemeinsam mit den Behörden ein neues Konzept erarbeiten, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können.

Forderungen von Tierschützern an die Politik

Der Tierschutzverein fordert indes die Politik auf, die bekannt gewordenen Skandale in Schlachthöfen ernst zu nehmen und zu handeln. Als Forderungen nennt Mülln personelle Konsequenzen in der Führung der Veterinärämter, wenn die Aufsichtspflicht versagt habe. Auch sollten Kontrollen nicht angekündigt werden. Zudem fordert die "Soko Tierschutz" Bodycams für Veterinäre, Videoüberwachung sowie eine rechtliche verbindliche Zertifizierung und Prüfpflicht für Betäubungsgeräte.

Staatsanwaltschaft ermittelt in beiden Fällen

Klar ist, dass die Staatsanwaltschaft aktuell in beiden Fällen ermittelt. Es geht etwa um den Verdacht der "quälerischen Tiermisshandlung". Die Behörden haben bereits mit den jeweiligen Schließungen der Betriebe reagiert. Im Aschaffenburger Fall will die Stadt eine überparteiliche "Task Force" gründen. Diese soll sich mit der Zukunft des Schlachthofs beschäftigen und dabei auch die Bauernverbände der Region und die Metzger-Innung einbeziehen. Gespräche dazu laufen derzeit noch, heißt es von der Stadt auf Anfrage.

Das Firmenschild des Aschaffenburger Schlachthofs
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Das Firmenschild des Aschaffenburger Schlachthofs

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