Die queere Community in Deutschland blickt mit Sorge auf die anstehende Bundestagswahl am 23. Februar. Deshalb wurde für den 15. Februar ein bundesweiter Aktionstag ausgerufen. In mehr als 50 deutschen Städten fanden Kundgebungen und Demonstrationen statt. In München beteiligten sich laut Polizeiangaben rund 1.200 Menschen. Und auch in Nürnberg gingen am Samstag mehr als 1.000 Menschen aus der queeren Szene für ihre Rechte auf die Straße.
Aufruf: Parteien wählen, die für Vielfalt eintreten
Die Demonstration war Teil der bundesweiten Kampagne "Wähl Liebe". Es gehe darum, Menschen für die Rechte der queeren Community zu sensibilisieren, sagte Bastian Brauwer, Vorstand des Christopher-Street-Day Nürnberg e.V., dem BR. Es sei wichtig, "demokratische Parteien zu wählen, die für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung eintreten". Viele queere Menschen in Nürnberg seien mittlerweile verunsichert, weil der Ton gegen sie rauer werde, so Brauwer. Auch Angriffe auf queere Personen nähmen immer mehr zu.
Angriffe auf queere Menschen nehmen zu
Keine Seltenheit, bestätigt auch CSD-Mitglied Nadine Anger, die in einer Aids-Beratungsstelle tätig ist: "Viele unserer Klienten und Klientinnen sind natürlich auch aus dem queeren Spektrum und berichten uns von vielen Übergriffen, die sie auf der Straße erfahren, die dann auch immer wieder Thema sind, die aufgefangen werden müssen und auch eine große psychische Belastung für die Menschen darstellen können."
Davon berichten auch Demonstrierende am Samstag auf dem Nürnberger Kornmarkt. Beleidigungen seien für viele an der Tagesordnung. "Das Schlimmste war, dass ein älterer Mann zu mir gesagt hat, ich gehöre vergast", erzählt Transmann Luca.
Queere Geflüchtete erleben Übergriffe
Der CSD Nürnberg zählt mehr als 100 Mitglieder, darunter auch einige Geflüchtete. Diese sind Anfeindungen aus ihren Heimatländern gewohnt und suchen in Deutschland Schutz. Die aktuelle politische Lage verunsichert viele von ihnen. Sie bemerken, dass Übergriffe immer mehr zunehmen, auch in Nürnberg.
So berichtet Berk Caylak, der aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist, wie er und sein Partner schon mehrfach in der Nürnberger Innenstadt angegangen und beschimpft wurden, weil sie Händchen hielten. "Ich fühle mich unsicher. In Deutschland sollte doch jeder so leben dürfen, wie er möchte", sagt er im Gespräch mit BR24.
Eric Sulbaran aus Venezuela hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Er fühle sich unwohl, wenn ihn Leute auf der Straße anstarren oder ihn auslachen. Guillermo Castillo, ebenfalls aus Venezuela, hält Deutschland "noch für einen safe queer space". Er mache sich aber Sorgen, dass sich das durch den Rechtsruck im Land ändern könnte.
Forderungen an künftige Bundesregierung
Mit der Demonstration auf dem Nürnberger Kornmarkt, unweit der Straße der Menschenrechte, hat der CSD-Verein Flagge gezeigt. Die Mitglieder wollten ein Bewusstsein für die Rechte queerer Menschen schaffen, sagt Vereinsmitglied René Scheuermann. "Wenn man sich anguckt, dass die AfD teilweise auch schon gefordert hat, dass Gelder gestrichen werden, gerade für queere Institutionen, oder dass Sachen rückgängig gemacht werden sollen, wie das Selbstbestimmungsgesetz, das wäre ein absoluter Rückschritt. Und dann kommen wir wieder ins Jahr 1933. Das hatten wir schon und das war scheiße."
An die künftige Bundesregierung haben sie klare Forderungen, berichtet Lars-Rene Dietz vom CSD Deutschland e.V.: "Wir möchten, dass die queeren Menschen durch das Grundgesetz geschützt werden, wir möchten, dass queere Strukturen finanziell abgesichert sind, und wir möchten, dass konsequent gegen Hasskriminalität und Hatespeech gegen queere Menschen vorgegangen wird."
Wie sich Parteien zu queeren Themen und zum Schutz der Demokratie positionieren, darüber informiert die Kampagne "Wähl Liebe" auf Social Media und auf ihrer Webseite (externer Link).
Im Video: Queerer Aktionstag in Nürnberg
Nürnberg: Queerer Aktionstag zur Bundestagswahl
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