Gerade hat die dritte Stunde begonnen, eigentlich steht Deutsch auf dem Plan. Bei Jonas Kofler und Michael Kiechle schrillt das Handy: "Fußverletzung in der Turnhalle" ist in der kurzen Nachricht zu lesen. Die beiden 15-Jährigen müssen sofort los.
Jonas und Michi sind zwei von sechs Schulsanitätern und -sanitäterinnen an der Realschule in Lindenberg. Heute haben sie Dienst und werden als Schulsanitäter sogar aus dem Unterricht geholt. Zügig gehen sie durchs Schulhaus Richtung Turnhalle.
Schnittwunde oder Verstauchung - Schulsanitäter müssen mit allem rechnen
Was sie erwartet, das wissen sie noch nicht genau. "Deshalb steigt schon jedes Mal etwas Panik und Aufregung in einem auf", sagt Michi. Bei ihren Einsätzen müssen die Schulsanitäter mit allem rechnen: Sei es, dass bloß ein Pflaster benötigt wird oder jemandem schwindelig ist, oder dass jemand schwer gestürzt ist. Oft haben sie es auch mit Handverletzungen zu tun, erklärt Jonas: "Wir werken viel, da kommt es schon vor, dass sich jemand schneidet oder sich im Sport verstaucht." Auch diesmal ist der Unfall im Sportunterricht passiert: Ein Mädchen ist umgeknickt. Jonas und Michi kühlen den Knöchel und reden dem Kind gut zu.
Auch Reanimation wird regelmäßig geübt
Damit sie auf die unterschiedlichen Erkrankungen vorbereitet sind, üben sie regelmäßig. Unter anderem auch, wie die Herzdruckmassage funktioniert. "Reanimation, das ist worst case, und das musste ich bis jetzt Gott sei Dank auch noch nie in Echt machen. Ich hoff‘ auch nicht, dass es mir je passiert", sagt Schulsanitäterin Sophie Schuhwerk während der Übung.
Fortbildungs- und Praxistage der bayerischen Hilfsorganisationen
Die Arbeitsgemeinschaft Schulsanitätsdienst der Bayerischen Hilfsorganisationen betreut zurzeit nach Auskunft von Bildungsreferent Florian Rößle rund 1.000 Schulen in Bayern, an denen es Schulsanitäter gibt. Für die Jugendlichen werden regelmäßig Fortbildungs- und Praxistage angeboten. Außerdem gibt es einen Betreuungslehrer oder eine Lehrerin, die umfassende Erste-Hilfe-Kurse absolviert haben.
Austausch über Einsätze ist wichtig
Wichtig ist den Lindenberger Jugendlichen, sich regelmäßig auszutauschen. Im vergangenen Schuljahr zum Beispiel haben sie mehrmals einem Mädchen mit Krampfanfällen geholfen, außerdem ist ein Junge auf der Treppe gestürzt. "Das war zwar kein offener Bruch, aber es war eindeutig gebrochen. Viele Leute waren da. Das war sehr stressig", berichtet Nico Rösch. "Das waren Situationen, da hatte man nicht viel Zeit, um zu reagieren", fügt Jonas Kofler an.
Lindenberger Realschüler machen Film über ihr Engagement
Wie sie mit ihrem verantwortungsvollen Ehrenamt umgehen und daran wachsen, das erzählen die 14- und 15-Jährigen auch in einem Film. In den Wochen vor den Sommerferien haben sie beim BR-Projekt Young Reporter mitgemacht. Young Reporter ist ein Medienkompetenzprojekt des Bayerischen Rundfunks und wendet sich an junge Menschen zwischen 14 und 20 Jahren.
Jedes Jahr gibt es ein anderes Thema - diesmal ist es: "Good News. Bad News. Deine Story". Die Lindenberger Schüler und Schülerinnen sind dafür in die Rolle von Fernseh-Reportern geschlüpft und haben ihre Arbeit als ehrenamtliche Schulsanitäter mitgefilmt: Sie haben sich ein Storyboard überlegt, gedreht, geschnitten und den Filmtext auch selbst eingesprochen. Begleitet hat sie dabei BR-Allgäu-Korrespondentin Katharina Reichart.
"Viel offener und selbstbewusster geworden"
Die Lindenberger Schulsanitäter und -sanitäterinnen sind sich einig: "Durch unsere Arbeit sind wir viel offener und selbstbewusster geworden. Außerdem tun wir etwas für das Allgemeinwohl an der Schule, und das ist ein schönes Gefühl." Weil die meisten der Lindenberger Schulsanitäter in diesem Jahr ihren Abschluss machen, sind sie auf der Suche nach motivierten Nachfolgern und Nachfolgerinnen.
Im Video: Vom Unterricht direkt zum Einsatz
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