Das Haferfeld von Landwirt Toni Wollschläger sieht gut aus dieses Jahr: Die grünen Stängel ragen schon fast hüfthoch aus dem Boden, es könnte eine gute Ernte werden. Das liegt auch daran, dass der Landwirt hier im vergangenen Jahr keinen Hafer angebaut hat, sondern Weizen. Fruchtwechsel nennt sich das.
- Zum Artikel: "Landwirtschaft kurz erklärt: Wozu sind Fruchtfolgen gut?"
Toni Wollschläger erklärt, warum diese Abwechslung sehr wichtig ist: "Wenn ich jetzt zum Beispiel Weizen auf Weizen anbauen würde, dann würde sich im unteren Teil der Pflanze ein Pilz bilden. Wenn ich Fruchtfolge betreibe, dann vermeide ich das weitgehend ohne den Einsatz von Pestiziden." Auch an die Pflanze angepasste Schädlinge würde sich ohne einen Wechsel der Kulturen über die Jahre auf dem Acker vermehren – dadurch sind mehr Pestizide notwendig.
Fruchtfolge oft ein Muss
Toni Wollschläger ist Ökobauer und Mitglied der Interessensgemeinschaft "Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft". Die Fruchtfolge ist auch unter den meisten konventionellen Landwirtinnen und Landwirten Standard. Was auch daran liegt, dass ein Anbau der gleichen Frucht auf einem Acker mehrere Jahre hintereinander bei den meisten Nutzpflanzen gar nicht möglich ist.
Eine der wenigen Ausnahmen ist Mais. Diese sehr lukrative Frucht könne man kurzfristig als Monokultur anbauen, so Wollschläger. Mais gilt als vielseitig, liefert überdurchschnittliche Erträge und viel Energie. Er ist die ideale Futterpflanze in der Nutztierhaltung. Langfristig könne eine Maismonokultur aber schwerwiegende Probleme verursachen, erklärt der Biolandwirt. Zum Beispiel durch Schädlinge (wie den Maiszünsler), die sich durch Monokulturen perfekt an den Mais angepasst hätten. Laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft birgt zudem gerade der Mais ein hohes Risiko für Erosion, da sich die Pflanze im Frühjahr langsam entwickelt und daher der Boden lange ungeschützt bleibt.
Die EU wollte deswegen finanzielle Anreize setzen, damit die Landwirte die Fruchtfolge einhalten. Damit Betriebe die vollen Flächenprämien erhalten, müssen sie sich an gewisse Vorschriften halten. Ab 2023 gab es insgesamt neun Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen, abgekürzt "GLÖZ". Eine davon: Die GLÖZ-7. Sie regelt die Fruchtfolge. Wenn Betriebe die gesamte Prämie erhalten wollen, müssen sie auf mindestens zwei Drittel der Flächen einen Fruchtwechsel durchführen oder zumindest eine Zwischenfrucht anbauen. Und auch auf dem restlichen Drittel darf maximal zwei Jahre in Folge die gleiche Frucht angebaut werden.
EU regelt Fruchtfolge
Als Reaktion auf die Bauernproteste hat die EU mehrere der GLÖZ-Standards entschärft – darunter auch die Regel zur Fruchtfolge. Die Lockerungen der Regeln müssen aber in nationales Recht überführt werden. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ist bei vielen Entschärfungen mitgegangen, allerdings nicht bei der Anpassung der Fruchtfolgeregelung. Die Landesagrarminister- und agrarministerinnen von CDU und CSU fordern allerdings, dass auch diese Regelung gelockert werden soll.
Die Unionsminister wollen den landwirtschaftlichen Betrieben mehr Flexibilität ermöglichen – der Anbau soll nicht je Fläche, sondern insgesamt auf den ganzen Betrieb betrachtet werden. Den Betrieben blieben damit mehr Möglichkeiten zu entscheiden, was wo kultiviert wird – dadurch könnte eine Frucht mehrere Jahre hintereinander auf einer Fläche angebaut werden. Die Betriebe könnten dabei gleichzeitig die vollen EU-Förderungen erhalten. Monokulturen, die die EU eigentlich vermeiden will, würden also möglich bleiben.
Fruchtfolge-Vorschrift: Zu viel Bürokratie?
Landwirt Claus Hochrein fände es gut, wenn die Regelung gelockert wird. Er ist Vorstand der Bewegung "Landwirtschaft verbindet Bayern". Die Fruchtfolge-Regel ist aus seiner Sicht völlig überflüssig. Die meisten Betriebe würden sie ohnehin achten – sie würden sich sonst nur selbst schaden. Er fürchtet – wie so oft, wenn es um Regeln für die Landwirtschaft geht – einen hohen bürokratischen Aufwand: "Es macht einfach keinen Sinn, dass man eine Vorschrift macht, bei der man vielleicht bei der Antragsstellung einen falschen Haken (setzt), einen Fehler macht und dadurch eine Betriebsprämienkürzung fabriziert."
Biolandwirt Toni Wollschläger hingegen meint: Wer Prämien kassieren will, der sollte sich auch an gewisse Vorschriften halten. Er sieht zwar den bürokratischen Aufwand, aber "jeder Landwirt soll sich einmal hinsetzen und seinen Stundenlohn ausrechnen, wenn er seinen Mehrfachantrag ausfüllt. (...) dieser Aufwand bringt Früchte, der bringt mir Geld." Viele Betriebe generieren einen großen Teil ihrer Einnahmen über Subventionierung, diese sind für die Betriebe also teilweise existenzsichernd.
Claus Hochrein glaubt nicht, dass die Regelung dazu führt, dass es keine Monokulturen mehr gibt: "Schwarze Schafe wird es immer und überall geben. Das wird man aber durch solche Vorschriften nicht endgültig ausmerzen können." Wie viele Betriebe dauerhaft auf zum Beispiel Mais-Monokulturen setzen, ist kaum messbar. Allerdings ist die Maisanbaufläche in den vergangenen sechzig Jahren stark angestiegen. Auf gut einem Fünftel der Ackerfläche in Deutschland wächst inzwischen Mais [externer Link].
Bund und Länder ringen noch um Einigung
Auf die Forderung der unionsgeführten Landwirtschaftsministerien der Länder ist das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Cem Özdemir bisher nicht eingegangen. Das Ministerium schreibt auf BR-Anfrage, dass die von der Union geforderte Lockerung der Regel Monokulturen ermöglichen würde. Außerdem: "Wenn beide Optionen (...) eingeführt würden, müssten zwei Systeme parallel aufgebaut und verwaltet werden." Das Mehr an Bürokratie ist also auch hier ein Argument.
Der Ökolandwirt Toni Wollschläger hingegen hofft, dass die Regel weiter bestehen bleibt: "Aus meiner Sicht ist das eine sehr sinnvolle Regel, die eigentlich viel zu wenig greift." Bund und Länder befinden sich derzeit noch in Abstimmungen, wie es mit der Fruchtfolge-Regelung weitergehen soll.
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