Was in Brüssel entschieden wird, betrifft auch Landwirte in Bayern: Wie soll es weiter gehen mit der europäischen Agrarpolitik?
Bildrechte: Picture Alliance/Sven Simon/Frank Hoermann

Was in Brüssel entschieden wird, betrifft auch Landwirte in Bayern: Wie soll es weiter gehen mit der europäischen Agrarpolitik?

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

EU-Wahl: Wohin steuern Agrarpolitik und Umweltschutz?

Vor der Europawahl sieht der Bund Naturschutz den Umweltschutz und den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft gefährdet. CSU-Kandidat Weber verteidigt die Politik der EVP. Bayerns Bauernpräsident erneuert seine Forderungen nach weniger Auflagen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Eine Milliarde Euro - so viel Geld fließe jährlich von der EU an bayerische Bäuerinnen und Bauern, sagt Richard Mergner. Für den Vorsitzenden des Bund Naturschutz in Bayern ist klar: Diese Mittel für die Landwirtschaft müssen an Bedingungen geknüpft sein - beispielsweise müsse für den Erosionsschutz so gewirtschaftet werden, "dass nicht bei einem Starkregen der Acker im Fluss oder im Wohnzimmer landet".

Bund Naturschutz: EU-Vorschriften verbessern Lebensqualität in Bayern

Die EU sei für viele Vorschriften zuständig, die die Lebensqualität in Bayern und Deutschland verbessere, sagt Mergner: Besseres Wasser, bessere Luft, Klimaschutzziele oder ein Gebot, dass Geräte wie Waschmaschinen repariert werden müssen - "all das hat auch die Europäische Union vorgeschrieben, und das ist gut so", sagt Mergner. Es sei deshalb zentral wichtig, entsprechende Natur- und Umweltvorschriften einzuhalten.

Doch Mergner und der bayerische Bund Naturschutz sehen in jüngerer Vergangenheit einen Kurswechsel in Brüssel. CSU und Freie Wähler würden Vorschriften "als Bürokratie und als Gängelung der Bauern an den Pranger" stellen und den sogenannten "European Green Deal" - den zentralen Bestandteil der europäischen Klimapolitik - gefährden: "Zum Beispiel bei der Verringerung von Pestiziden in der Landwirtschaft hat die CSU mit den Rechten aus anderen europäischen Ländern gegen die Umwelt und den Naturschutz gestimmt", sagt Mergner.

Bei EVP-Chef Weber sieht Mergner eine "Rolle rückwärts"

Der Verbandspräsident sorgt sich um die Zeit nach der Europawahl am 9. Juni: "Wir müssen für die nächsten fünf Jahre im Europäischen Parlament Mehrheiten bekommen, wie tatsächlich auch die Landwirtschaft zukunftsfest machen."

Vor ein paar Jahren waren sich Christdemokraten, Sozialdemokraten, Grüne, Liberale und Linke einig beim Umweltschutz. Damals wurde der Green Deal verabschiedet - zum nachhaltigen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft in Europa. Nun sieht Mergner gerade bei Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei (EVP) und CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, eine "Rolle rückwärts". Nach den Bauernprotesten würden Fortschritte nun "unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus und der Ernährungssicherung" infrage gestellt.

Weber will "keine Rückabwicklung des Green Deals" - aber auch kein Verbrenner-Aus

Der Klimawandel sei die größte Herausforderung unserer Generation, sagt Manfred Weber auf Anfrage von BR24: "Deswegen wird es am Ziel, dass wir 2050 klimaneutral werden, auch keine Abstriche geben." Und es werde auch in der nächsten Legislaturperiode keine Rückabwicklung des Green Deals geben. "Allerdings ist klar, dass wir die Maßnahme nur mit den Bürgern umsetzen können", so Weber. Aus diesem Grund wolle er beispielsweise mit der Landwirtschaft reden, welche Maßnahmen konkret angewandt werden.

Neben dem Miteinander sei Technologieoffenheit wichtig. Seine Partei wolle Umweltschutz und Arbeitsplätze zusammenbringen und deswegen das Verbrenner-Aus in der EU zurücknehmen, so Weber: "Auch nach 2035 soll der Verbrenner in Europa weiter erlaubt sein."

Bauernpräsident will Versorgungssicherheit stärker in den Blick nehmen

Laut dem Präsidenten des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Günther Felßner, haben die Proteste insofern gewirkt, als "sich die Politik jetzt endlich Gedanken macht, wie wir Agrarpolitik weiterentwickeln". Umweltschutz dürfe dabei nicht das einzige Ziel sein: "Das ganze System muss deutlich entbürokratisiert werden. Wir müssen neben der Ökologie auch die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in Europa stärker in den Fokus rücken - und den Umbau zu den erneuerbaren Energien."

Felßner greift das Beispiel Erosionsschutz auf: "Wenn sogar Biobetriebe den Pflug nicht mehr zu Unkrautbekämpfung einsetzen können - wo kommen wir denn da hin?" Man werde den Erosionsschutz aufrechterhalten, aber es brauche Anpassungen. Der Bauernpräsident kritisiert, dass die Nahrungsmittelversorgung, regenerative Energien und die Ökologie gegeneinander ausgespielt würden: "Wir brauchen alle drei Säulen und für jede Säule eine zuverlässige Finanzierung."

Bund Naturschutz: Geld für Landwirte nur unter bestimmten Bedingungen

Für Mergner kann es Geld nur dann geben, wenn Landwirte, wie von der EU vorgeschrieben, vier Prozent ihrer Flächen für Natur und Umwelt nicht bewirtschaften. "Eine Hecke oder ein Feldrain führt dazu, dass es eben Insekten gibt", sagt Mergner. Dadurch gebe es mehr Vögel, "die dann auch wieder dazu führen, dass eben ich vielleicht weniger an Pflanzenschutzmitteln einsetzen muss".

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!