Hochwasser an einem Fluss im Ruhrgebiet (Symbold- und Archivbild)
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Hochwasser an einem Fluss (Symbol- und Archivbild)

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Schutz gegen Hochwasser: Warum Flüsse mehr Platz brauchen

Die Hochwasserlage ist in Bayern teils immer noch kritisch. Wo die Pegel zurückgehen, bleiben oft Schäden. Forscher beklagen, die Landschaft sei gerade im Freistaat stark zugebaut worden – und fordern mehr Flächen, auf die das Wasser ausweichen kann.

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Tagelanger starker Dauerregen ist nur bedingt vorhersagbar. Doch dass Extremwetterereignisse häufiger und heftiger eintreten, darin sind sich die Fachleute einig. Umso wichtiger sei es, dass Kommunen sich rüsten, erklärt der Klimaforscher Matthias Garschagen von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität.

Garschagen leitet ein Forschungsprojekt zum Thema Anpassung an Starkregen im bayerischen Oberland. Er fordert, dass es mehr Flächen geben solle, die im Katastrophenfall geflutet werden könnten, sogenannte "Retentionsflächen". Das können Polder sein oder auch Altarme von Flüssen.

Insbesondere Bayern habe hier Nachholbedarf, erklärt der Forscher: "Wir sehen, dass wir wesentlich mehr von diesen Flächen brauchen. Wir haben in den vergangenen Dekaden die Landschaft sehr stark zugebaut. Gerade in Bayern hatten wir ein unheimlich starkes Anwachsen der Siedlungs- und Verkehrsfläche. Dem müssen wir entgegenwirken."

Klima-Anpassungsstrategien von Kommunen gefordert

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) verwies erst vor kurzem – bei der Eröffnung der Umweltmesse "IFAT" in München – auf das Klimaanpassungsgesetz (KAnG). Das im Juli in Kraft tretende Gesetz verpflichtet die Länder, Pläne für eine Anpassung an die Klimaveränderungen vorzulegen – Kommunen müssen sich dann "um dieses Feld kümmern, analysieren, was ist in meiner Kommune das größte Risiko, das wahrscheinlichste Risiko und dafür dann vorsorgen."

Aber jede Kommune müsse das für sich selbst entscheiden, so Lemke weiter. "Das geht nicht von Berlin oder München aus, sondern das muss vor Ort gemacht werden."

Greenpeace: Bayern bei Klimaanpassung zu langsam

Thilo Maack von der Umweltorganisation "Greenpeace" kritisiert, dass der Freistaat bei der Umsetzung der Klimaanpassung zu langsam vorankomme. Er fordert eine landesweite Koordination für die Klimaanpassungsstrategie. Stattdessen habe Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) noch im November 2023 gesagt, "ein Gesetz, das neue Bürokratie schafft, brauchen wir nicht" [externer Link].

Zum aktuellen Stand der Umsetzung hieß es aus dem Ministerium: Derzeit werde an einer Aktualisierung der bayerischen Klimaanpassungsstrategie gearbeitet. Die Fertigstellung sei bis 2026 geplant.

Greenpeace fordert eine Koordination zur Klimaanpassung. "Dazu brauchen wir zunächst mal eine Erfassung, was es überhaupt für Risiken gibt, und dann müssen diese Risiken eingeschätzt werden", sagt Maack. "Es muss eine Strategie entwickelt werden, eine Klimaanpassungsstrategie, wie man letztendlich dahin kommt, die Folgen des Klimawandels angehen zu können."

Bund Naturschutz fordert mehr natürlichen Hochwasserschutz

Nach Angaben des Bund Naturschutz gibt es deutschlandweit nur noch ein Fünftel der früheren natürlichen Überschwemmungsflächen an den Flüssen. Das sei ein unhaltbarer Zustand, kritisiert Martin Geilhufe vom Bund Naturschutz in Bayern. Er fordert von Umweltminister Glauber, "dass er Programme aufsetzt, natürlichen Hochwasserschutz, um das Wasser in der Fläche zu halten", bei denen versucht werde, den Boden nicht so stark zu verdichten. Da müsse es Alternativen geben, so Geilhufe. Es müsse gehandelt werden, und zwar schnell.

Auch Klimaforscher Garschagen wünscht sich, "dass wir nach diesem Hochwasser nicht den gleichen Fehler machen, wie nach so vielen anderen", nach denen die Debatte nach zwei bis drei Wochen aus den Augen verloren worden sei. Er hofft: "Dass wir diese Debatte wirklich angehen, das ist dringend notwendig."

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