Das Europäische Parlament hat den Weg für die umstrittene EU-Asylreform frei gemacht. Die bisherigen Regeln für Migration in die Europäische Union werden deutlich verschärft: Unter anderem müssen Geflüchtete, die aus einem Land mit geringer Asyl-Anerkennungsquote kommen, bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern warten, bis über ihren Asylantrag entschieden ist. Was bedeuten die Änderungen für oberbayerische Kommunen, die am Ende die Geflüchteten aufnehmen, versorgen und integrieren müssen?
Miesbacher Landrat: "Der richtige Weg in die richtige Richtung"
Der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis sagt: "Die Reform ist richtig" – auch wenn er glaube, dass sie sich erst langfristig bemerkbar machen werde. An den Außengrenzen solle ja schon kontrolliert werden und eine Rückführung erfolgen, falls sie notwendig sei. Von Löwis ist überzeugt davon: "Wenn wir das konsequent machen, natürlich auch unter Beachtung der Menschenwürde der Flüchtlinge, dann ist das genau der richtige Weg in die richtige Richtung." Von Löwis war zuletzt Anfang Februar mehreren hundert Bürgerinnen und Bürger in Warngau gegenüber gestanden, die in einer Bürgerversammlung gegen eine Unterkunft für etwa 500 Geflüchtete protestiert hatten. Auch im benachbarten Holzkirchen war die Kritik an einer geplanten ebenso großen Unterkunft groß gewesen.
Rott am Inn: Für Bürgerinitiative kommt Reform "zu spät"
Auch in Rott am Inn ist eine weitere Sammelunterkunft für etwa 500 Geflüchtete geplant – zusätzlich zur bereits bestehenden Unterkunft für rund hundert Geflüchtete. Seit Monaten wehrt sich die Bürgerinitiative "Rott rottiert" gegen die Pläne; knapp 5.000 Menschen haben eine entsprechende Online-Petition unterschrieben.
Günther Hain, Mitglied der Bürgerinitiative, glaubt nicht, dass die EU-Reform ihnen in Rott am Inn hilft: "Die kommt für uns zu spät". Bis die sich bemerkbar mache, seien die angekündigten Flüchtlinge schon in Rott am Inn. Und die Produktionshalle im Gewerbegebiet, die zur Unterkunft umfunktioniert werden soll, sei dafür nicht geeignet.
Amnesty International übt scharfe Kritik an der Entscheidung
Es gibt auch scharfe Kritik an der EU-Entscheidung. Auf Bundesebene wetterten Amnesty International und der Menschenrechtsverband Pro Asyl, die Reform sei "beschämend" und eine "verpasste Chance". Aber auch auf kommunaler Ebene gibt es Bedenken – zum Beispiel aus Hebertshausen im Landkreis Dachau. Und das, obwohl die Bürgerinnen und Bürger im Ort gut klarkommen mit den Geflüchteten und den Herausforderungen, die deren Anwesenheit mit sich bringt.
Peter Barth ist seit elf Jahren ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer in Hebertshausen. Er glaubt nicht an einen generellen Effekt dieser Reform. "Im Gegenteil", sagte dem BR. "Wir versuchen, die Migration durch diesen Beschluss besser zu steuern, weil wir im Grunde Migration begrenzen wollen. Es sollen keine Flüchtlinge mehr in die Europäische Union kommen, die keine gute Bleibeperspektive haben." Aber man könne diese Flüchtlingsströme gar nicht begrenzen, weil die Ursachen der Flucht nach wie vor nicht bekämpft würden.
Die EU-Mitglieder haben bis zu zwei Jahre Zeit, die neuen Regelungen umzusetzen. Ob und wie sie sich auf kommunaler Ebene auswirken, wird man also erst in ein paar Jahren sehen.
Im Video: EU-Parlament macht Weg für Asylreform frei
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