Nach Angaben der Vereinten Nationen werden jedes Jahr weltweit zehn Millionen Hektar Wald zerstört. Ein wichtiger Grund dafür seien landwirtschaftliche Produkte, die nach Europa geliefert werden. Die EU will mit einer neuen Verordnung diesem Kreislauf entgegenwirken.
Künftig sollen Lieferanten nachweisen, dass für ihr Produkt kein Wald gerodet wurde. "Entwaldungsfreies Produkt" könnte das neue Gütesiegel heißen, das Landwirte dann an ihr Hoftor kleben dürfen. Doch es sieht so aus, als würden die geplanten Regelungen im Agrarland Bayern die Falschen treffen.
EU-Verordnung für "entwaldungsfreie Produkte"
Von der "Verordnung für entwaldungsfreie Produkte" sind auch Soja-Anbauer aus Bayern betroffen. Sie befürchten mehr Schreibkram und höhere Kosten, weil sie noch ein weiteres Zertifikat brauchen. Werner Bernreuther aus Landersdorf in Mittelfranken ist einer der Soja-Pioniere in Bayern. "Für uns Bauern ist es nicht nachvollziehbar, dass das auch für uns gilt, wo hierzulande seit Jahrhunderten kein Wald mehr gerodet wurde." Seit dem 16. Jahrhundert bewirtschaftet seine Familie Ackerflächen bei Thalmässing.
Wegen Unklarheiten: Umsetzung wurde verschoben
Wie die neue EU-Verordnung genau umgesetzt werden soll, ist noch unklar. Sie soll für den Handel mit Rindern, Soja, Kakao, Kaffee und auch für Holz gelten. Die EU-Kommission hat das Thema auf vielfachen Wunsch jetzt noch um ein Jahr verschoben. Es soll Zeit gewonnen werden, um Bürokratie zu vermeiden und Ausnahmeregelungen auszuarbeiten. "Deutschland ist kein Risikoland für Entwaldung", sagt der Präsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Günther Felßner. In Deutschland verbieten Gesetze die Rodung von Wäldern. Und für jedes gerodete Stück Wald muss ein Ausgleich geschaffen werden.
Viel Potenzial für Soja in Bayern
In Bayern wurden im Jahr 2023 auf 25.000 Hektar Soja angebaut, die Schwerpunkte befinden sich in Niederbayern. Der Ertrag sei in diesem Jahr sehr gut gewesen. 3,5 bis 4,5 Tonnen habe er in Mittelfranken pro Hektar ernten können, sagt Werner Bernreuther. Soja komme ohne zusätzlichen Dünger aus, schwärmt er.
Die Samen dürften nicht zu früh auf den Acker gebracht werden. Ansonsten sei es eine unkomplizierte Frucht mit guten Erträgen und – bei regionaler Vermarktung – auch mit sehr guter CO2-Bilanz. "Alles, was wir an Soja hier anbauen, brauchen wir schon nicht mehr zu importieren", sagt Bernreuther. Damit würde bereits ein Beitrag zum Schonen von weltweiten Wäldern geleistet. "Wir bräuchten eigentlich mehr Förderung, statt Strafe in Form von mehr Bürokratie".
Soja-Toaster für Tierfutter – auch für Tofu denkbar
Rund 600 Tonnen Sojabohnen verarbeitet Werner Bernreuthers Soja-Toast-Anlage. "Die Bohnen müssen erhitzt werden, damit die Tiere das Eiweiß verdauen können", sagt Soja-Bauer Bernreuther. Beim Erhitzen fließt das Soja-Öl in einen Extra-Behälter, die entölte Soja-Masse fällt als eine Art trockenes Granulat in einen Lagerraum.
Abnehmer hierfür ist ein Schweinemastbetrieb in der Region. "Er hat regionale, genfreie, beste Ware mit den besten Aminosäuren – das Natürlichste, was es gibt". Auch für Lebensmittel wie Tofu wären die Sojabohnen aus Thalmässing denkbar. Dafür bräuchte Bernreuther aber noch einen Filter für Steinchen. Und engagierte Hersteller, die regionales Soja verarbeiten würden.
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