Die Hauptstraße im Fürther Stadtteil Burgfarrnbach ist aufgerissen, an den Seiten stehen Absperrungen. Für Autos ist kein Durchkommen mehr. Fußgänger können dagegen interessante Entdeckungen machen. Wer beim Vorbeispazieren genau hinschaut, sieht, dass bei den Bauarbeiten unter dem Pflaster zahlreiche Baumstämme freigelegt wurden: ein sogenannter Bohlenweg. Die Bauweise ist typisch für das ausgehende Mittelalter und die frühe Neuzeit - und überraschend gut erhalten.
Wagenspuren aus dem Mittelalter
Mittlerweile wurden große Planen ausgebreitet, um das freigelegte Fundament und die alten Baumstämme vor Witterungseinflüssen zu schützen. Eine archäologische Spezialfirma ist angerückt und legt die Funde frei. Zahlreiche Kiefernstämme reihen sich bereits aneinander, bilden das Fundament der Straße als Bohlenweg.
Mit einer speziellen Untersuchungsmethode können die Archäologen das Alter bestimmen. "Diese Bäume sind 1770 gefällt und wahrscheinlich direkt in der Straße verbaut worden", erklärt Grabungsleiter Matthias Tschuch. Im Querschnitt der Straße sind darunter verschiedene Schichten zu sehen, bis hin zu Wagenspuren, die wieder verfüllt worden sind. Diese Spuren gehen bis ins Mittelalter zurück.
Die Straße als Spiegelbild der Geschichte
Der Ortschronist Christian Schümann ist begeistert, unter der Straße in die Geschichte Burgfarrnbachs schauen zu können. Der Weg müsste schon zusammen mit der Kapelle um 900 angelegt worden sein, erklärt er, und die Lage an diesem bedeutenden Handelsweg habe dafür gesorgt, dass die Straße immer wieder ausgebaut und befestigt wurde. "Etwas höher gelegen, auf einem Plateau, Fürth lag da etwas tiefer in den Wiesen am Fluss". Burgfarrnbach habe an dieser Straße schon vieles erlebt, von aufstrebendem Handel bis hin zu Plünderungen.
Bedeutender Handelsweg von Nürnberg nach Frankfurt
Dass dieser Weg schon seit Jahrhunderten eine wichtige Straße war, ist keine Überraschung für die Archäologen – er liegt direkt zwischen Nürnberg, Würzburg und Frankfurt, war wichtig für den Handel, für Truppenbewegungen oder auch für Pilger. "Das ist ein Fernhandelsweg, der immer wieder ausgebaut wurde, erst von den Hohenzollern, später auch im preußischen Königreich", erklärt Christoph Lobinger vom Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege.
Da der historische Unterbau der Straße bei der aktuellen Sanierung nicht mehr erhalten oder konserviert werden könne, sichern die Experten nun die Funde. Ein Teil soll auch konserviert und erhalten werden, die ganze Straße sei aber zu groß, um sie komplett zu bewahren.
Reichskleinodien zogen durch Burgfarrnbach
Über diesen Handelsweg wurden bereits die Reichskleinodien, die Herrschaftsinsignien und der Kronschatz des Heiligen Römischen Reiches, transportiert - ein großer Festzug, der damals durch Burgfarrnbach reiste. "Das war wohl ein ganz schönes Spektakel für die Anwohner damals, als die Reichskleinodien von Nürnberg nach Frankfurt transportiert wurden", so Tschuch. Das belegten auch Dokumente aus dem Jahr 1790. Erst danach wurde die Straße über den Bohlen noch zusätzlich gepflastert, erklärt der Experte.
- Zu Artikel: Vor 600 Jahren – "Ewige Verwahrung" der Reichskleinodien
Funde der Öffentlichkeit zugänglich machen
Die Fürther Baureferentin Christine Lippert bedauert, dass ausgerechnet jetzt aus dem Boden rausmuss, was über Jahrhunderte bestehen konnte. "Daher haben wir uns entschieden, mit dem Stadtarchiv einen größeren Teil aufzubewahren". Dann werde beraten, wie dies erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könne, etwa im Stadtmuseum Fürth.
Die eigentlichen Sanierungsarbeiten verzögern sich wegen der archäologischen Maßnahmen um gut fünf Wochen. Doch diese Zeit sei gut angelegt, meinen die Verantwortlichen der Stadt. Denn danach seien die Funde für immer verloren.
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