Segelboote am Starnberger See mit den bayerischen Alpen im Hintergrund.
Bildrechte: BR / Sylvia Bentele

Segelboote am Starnberger See.

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Starnberger See: Villen am Seeufer, klamme Gemeindekassen

Große Villen direkt am See, teure Cabrios, feine Lokale: Im Landkreis Starnberg leben weiterhin die reichsten Menschen in Deutschland. Doch in vielen Gemeinden rund um den See sind die Kassen klamm. Wie kann das sein?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Matthias Helwig, der Gründer und Leiter des bekannten "Fünf Seen Filmfestivals", ist frustriert. Die Stadt Starnberg will ihm den Förderzuschuss um fast 20.000 Euro kürzen, das sind 40 Prozent weniger als in den Jahren zuvor. Auch von der Stadt Gauting bekommt er heuer weniger Geld. Und das bei gestiegenen Material-, Film- und Personalkosten.

Das über die Region hinaus bekannte Filmfestival muss nun mit deutlich niedrigerem Budget auskommen und das wird sich laut Helwig auch auf das Programm im Spätsommer auswirken: Die traditionelle Dampferfahrt soll wegfallen und die doppelte Eröffnungsfeier am Starnberger See und in der Schlossberghalle. Heuer soll es am 3. September nur noch eine Eröffnungs-Veranstaltung geben.

An der Kultur wird oftmals zuerst gespart

Matthias Helwig kennt auch den Grund für die massiven Kürzungen: Die Stadtkassen in vielen Gemeinden rund um den Starnberger See sind leer. Und Kulturförderung gehört zu den freiwilligen Leistungen einer Kommune, deswegen wird dort oftmals auch zuerst gespart, sagt er. Einige oppositionelle Mitglieder des Starnberger Stadtrats werfen der Stadtverwaltung vor, in den guten Jahren nicht optimal gewirtschaftet zu haben. Der Festival-Betreiber hofft jetzt auf private Geldgeber, denn sonst droht dem "Fünf Seen Filmfestival" im nächsten Jahr das Aus.

Es ist nicht die einzige Kulturinstitution am Starnberger See, die derzeit finanzielle Schwierigkeiten hat. Auch die Zukunft des Museums Starnberger See steht auf dem Spiel. Die Stadträte in Starnberg überlegen derzeit sogar, das Haus aus Kostengründen zu schließen. Wie kann das sein? Wo in dem Landkreis doch so viele reiche Menschen leben? Da müssten doch auch die Gemeindekassen voll sein, oder?

Millionäre am Seeufer bringen den klammen Stadtkassen nicht viel

Ludwig Beck ist Geschäftsleiter der Stadt Starnberg und erklärt, dass Millionäre am Seeufer den klammen Stadtkassen nicht viel bringen: "Das liegt daran, dass vor allem diejenigen, die viel Geld verdienen, nicht unbedingt viel mehr Steuern in die Gemeindekassen spülen", so Beck.

Dass das eine fast nichts mit dem anderen zu tun hat, das zeigt sich gut an der Einkommenssteuer: Die Gemeinden erhalten nämlich nur einen gedeckelten Anteil von den zu versteuernden Einkommensbeiträgen. Und das sind bei Alleinstehenden maximal 40.000 Euro und bei Familien 80.000 Euro.

"Dass hier viele reiche Menschen leben, macht die öffentliche, kommunale Hand nicht reich. Das ist ein Trugschluss, der allerdings weit verbreitet ist", erklärt dazu auch der Landrat des Landkreises Starnberg, Stefan Frey.

Gemeinden erwirtschaften Einkommen vor allem durch die Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer sei die "einzige nennenswerte eigene Möglichkeit" für die Gemeinden, selbst Einkommen zu erwirtschaften, erklärt dazu Landrat Frey weiter. Zwar stehe der Landkreis Starnberg bei den Gewerbesteuereinnahmen nicht so schlecht da, doch die Ausgaben für Schulen, Krankenhäuser, Nahverkehr, Kinderbetreuung und die Personalkosten werden immer höher. Und deshalb könne das hohe Niveau der Kulturförderung der vergangenen Jahre jetzt nicht mehr angeboten werden.

Zukunft für Filmfestival und Museum unklar

Wie es mit dem Fünfseenfestival und dem Museum Starnberger See jetzt weitergehen soll, ist noch offen. Der Freundeskreis des Museums Starnberger See hat letzte Woche eine Onlinepetition gestartet, um das Haus zu erhalten. Matthias Helwig sieht das Problem auch auf höherer Ebene und fordert, dass Kulturförderung nicht mehr länger eine "freiwillige Leistung" von Kommunen sein soll. "Bayern ist ein Kulturstaat, wie es heißt, und wir müssen meines Erachtens in eine verbindliche Leistung kommen, damit die Gemeinden und Städte weiter Kultur unterstützen – vor allem nach der Corona-Krise und der sowieso schon gebeutelten Kultur-Branche."

Wie Kulturförderung aussehen müsste

Konkret fordert der Leiter des "Fünf Seen Filmfestivals", dass Kulturförderung nicht mehr länger eine freiwillige Leistung von Kommunen sein solle. Matthias Helwig hätte auch schon eine Idee: "Ein Prozent des Etats sollte für Kultur ausgegeben werden. Aber das ist natürlich eine Sache, die ganz oben politisch angesiedelt ist."

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