Eine linke Hand in Großaufnahme legt Cannabis und Tabak in ein Zigaretten-Papier
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"Cannabis Social Club" will Anbauverein werden

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BR24live: Start für Cannabis-Anbauvereine - Bayern prüft streng

Ab heute gilt die zweite Stufe der teilweisen Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Jetzt können Anbauvereine eine Produktionsgenehmigung für den Eigenbedarf beantragen. Bayern hat angekündigt, diese streng zu kontrollieren. Ein BR24live um 14 Uhr.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Wenn schon das Cannabisgesetz im Bund nicht zu verhindern war, so will der Freistaat wenigstens hierzulande streng auf die Einhaltung der Vorschriften achten, vor allem beim Gesundheits- und Jugendschutz: Das ist die Linie von Gesundheitsministerin Judith Gerlach, CSU. Seit heute, 1. Juli, können Cannabis-Anbauvereine (auch "Cannabis Social Clubs" genannt) eine Genehmigung zur Hanfproduktion für den Eigenbedarf ihrer jeweils maximal 500 erwachsenen Mitglieder beantragen.

Gesundheitsschutz heißt nach Bundesrecht vor allem: Der von jedem Club einzusetzende, geschulte Präventionsbeauftragte muss die Mitglieder wiederholt auf die Gefahren des Cannabis-Konsums hinweisen – zum Beispiel mit Beipackzettel bei der Abgabe. Mitglieder bis 21 Jahre dürfen pro Monat höchstens 30 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum erhalten, mit einem begrenzten THC-Gehalt von 10 Prozent. Jugendschutz bedeutet vor allem: Die Hanf-Plantage darf nicht frei zugänglich sein und muss einen Mindestabstand von 200 Metern zu Kinder- und Jugendeinrichtungen wie zum Beispiel Schulen oder Spielplätzen haben.

BR24live berichtet ab 14 Uhr und spricht unter anderem mit der Anbauvereinigung Aschheim und der Gewerkschaft der Polizei.

Zentrale Prüfstelle eingerichtet

Bayern wappnet sich deshalb mit zusätzlichem Geld und Personal: Genehmigung und Kontrolle der Cannabis-Anbauvereine übernimmt eine eigens eingerichtete Zentralstelle beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Die Behörde soll genau hinschauen, ob die bundesrechtlichen Vorgaben eingehalten werden – nicht nur auf dem Papier, sondern auch vor Ort zusammen mit der Polizei, betont Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach gegenüber BR24.

Vierteljährliche Kontrollen: Häufiger als anderswo

Ist die Lizenz zum Hanf-Anbau erteilt, will Bayern die Cannabis-Clubs im Gegensatz zu anderen Bundesländern viel engmaschiger kontrollieren – nämlich vierteljährlich. Das Bundesgesetz empfiehlt hier inzwischen nur noch "regelmäßige" Kontrollen – ohne Zeitbezug. Diese Änderung des Cannabis-Gesetzes war zur Entlastung der Länder erst in der vergangenen Woche beschlossen worden. Bisher lautete die Kontroll-Empfehlung hier: mindestens "einmal jährlich".

Das rot-grün regierte Niedersachsen hält das für ausreichend. Denn die Anbauvereine müssten ja stets mit unangemeldeten Kontrollen rechnen, die nach Anlass auch häufiger sein können. Niedersachsen braucht damit im Vergleich zu Bayern viel weniger Personal – nämlich vier neue Verwaltungsstellen. Der Freistaat schafft 20 Stellen – bei Gesamtkosten von sechs Millionen Euro in den ersten anderthalb Jahren. Toni Schuberl, rechtspolitischer Sprecher der Landtagsgrünen, sieht darin einen "bürokratischen Wasserkopf", der viel Geld koste: "Da ist auf einmal Personal vorhanden, um irgendwelche Anbauvereinigungen zu gängeln. Das ist völlig übertrieben."

Deckelung der Anbauvereine

Bayern nutzt zudem das Recht der Bundesländer, die Zahl der Anbauvereinigungen zu deckeln: So darf auf 6.000 Einwohner pro Stadt oder Landkreis nur ein Cannabis Social Club kommen. In der 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt München können somit maximal 250 Vereine Hanf anbauen – aber nur für den Eigenbedarf ihrer Mitglieder.

Überschüsse müssen die Clubs laut Bundesrecht regelmäßig vernichten, damit keine Anreize für den illegalen Verkauf entstehen, sprich: Schwarzmarkt. Da wären weniger Kontrollen – wie es andere Bundesländer vorsehen – kontraproduktiv, sagt der innenpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Richard Graupner: "Die Verhinderung der Ausbreitung von Cannabiskonsum ist eine so wichtige Aufgabe, dass da jede repressive und präventive Möglichkeit ausgeschöpft werden muss." Man sei ganz auf der Seite der Staatsregierung, "dass wir das scharf und durchaus auch vierteljährlich kontrollieren."

Grüne fürchten Verzögerung bei Genehmigungen

Die Ampelparteien in Bayern halten das Cannabisgesetz für ausreichend. Toni Schuberl von den Grünen, der mit einem Joint im Landtag für ein nachträgliches Kiff-Verbot durch das Präsidium gesorgt hatte, sieht in der neuen Überwachungsstelle nichts Gutes: "Ich fürchte, dass die die Genehmigungen so weit rauszögern, wie sie es nur irgendwie machen können, um einfach die Anbauvereinigungen zu drangsalieren, dass das keiner mehr machen will."

Nun blicken alle gespannt darauf, wie viele Anträge für den gemeinschaftlichen Cannabis-Anbau tatsächlich ab heute eingehen.

Anbauverein im Raum Bad Kissingen: Halle noch leer

"Es würde uns nicht wundern, wenn ein Anbau erst im Frühjahr 2025 möglich wäre", sagt Elmar Daniel, Vorsitzender eines Cannabis Social Clubs aus dem Raum Bad Kissingen in Unterfranken. Er leitet seinen Verein nach dem Motto "langsam, aber sicher". Dementsprechend macht er auch den Kontrollbehörden keinen Vorwurf. "Es ist Neuland für alle", sagt er und geht lieber auf Nummer sicher: Eine Halle für den Cannabis-Anbau gebe es zwar, die sei aber noch leer.

Ein Team aus 20 Personen teilt sich im "CSC Mainbud" auf in eine Präventionsgruppe, einen Anbaurat und die Mitgliederverwaltung. Für Letztere sucht der Verein noch nach einer geeigneten Software. Bevor aber gewerkelt oder investiert wird, will er erst grünes Licht für seine Pläne. Ob beim Erstellen des Präventionskonzepts oder beim Jugendschutz – seit dem Start der Vorbereitungen im April steht der Verein im direkten Austausch mit den Ämtern. Die würden zwar sagen, dass es ihnen nicht gefalle, dass es Anbauvereine gebe, wollen das Gesetz aber trotzdem ordnungsgemäß umsetzen. Bisher also im Raum Bad Kissingen keine Spur von Quertreiberei oder gar Zwischenfällen wie in Aschheim, wo Anbaupläne im Gewerbegebiet für viele Kontroversen gesorgt haben.

Sorgen plagen den Anbauverein von Elmar Daniel dennoch: Das Cannabisgesetz bringt diese mit sich. Vorgesehen ist zum Beispiel, dass alle Mitglieder aktiv am Anbau beteiligt sein sollen. Wie, ist nicht klar. "Wir haben bisher 300 Voranmeldungen und wollen die maximale Anzahl von 500 Mitgliedern schaffen" – alle könnten da allein aus Hygienegründen nicht beim Anbau tätig sein, da müsse man noch weitere Partizipationsmöglichkeiten finden.

Cannabis-Club in Würzburg rechnet mit sechs bis acht Euro pro Gramm

Etwa 200 Mitglieder strebt der "CSC Würzburg" an. Hier laufen die Vorbereitungen etwas offensiver als in Bad Kissingen. "Sobald der Antrag durch ist, wollen wir schon mit Setzlingen starten, um den Mitgliedern so früh wie möglich eine Ernte zu ermöglichen", sagt ein Gründungsmitglied, das namentlich nicht genannt werden will. Die Anbauvereine dürfen mit dem Cannabis kein Geld verdienen. Die Kosten werden über Mitgliedsbeiträge gedeckt. Feste Preise können aber Stand heute kaum genannt werden, weil viele Posten noch ungeklärt sind. Der Würzburger Anbauverein nennt in einer ersten Kalkulation umgerechnet sechs bis acht Euro pro Gramm Cannabis.

Eine Cannabis-Plantage: Seit dem 1. Juli können Anbau-Vereine oder -genossenschaften in Deutschland eine Genehmigung für die Cannabis-Produktion beantragen - beschränkt auf den Eigenbedarf ihrer Mitglieder.
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Eine Cannabis-Plantage: Seit dem 1. Juli können Anbau-Vereine in Deutschland eine Genehmigung für die Cannabis-Produktion beantragen .

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