Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat am Donnerstag Zahlen über Behandlungsfehler in Kliniken und Praxen in Deutschland vorgestellt. Demnach untersuchte die Expertenorganisation 2021 insgesamt 13.050 Verdachtsfälle, wobei 3.665 Behandlungsfehler dokumentiert wurden. Dazu gehören unter anderem Fehler bei Operationen, übersehene Knochenbrüche, beschädigte Implantate und verwechselte Medikamente.
Hohe Dunkelziffer
Der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes (MD), Stefan Gronemeyer, geht darüber hinaus von einer hohen Dunkelziffer aus. Die tatsächliche Zahl der Fälle betrage "höchstwahrscheinlich ein Vielfaches". Gleichzeitig zeigt die Statistik aber auch, dass in 71,9 Prozent der untersuchten Verdachtsfälle kein Behandlungsfehler festgestellt werden konnte.
130 besonders schwerwiegende Fehler
Trotzdem sehen die Experten Handlungsbedarf. Mit Sorge sieht Gronemeyer vor allem die 130 "Never Events". So werden besonders krasse Behandlungsfehler bezeichnet - etwa wenn versehentlich das gesunde Knie operiert oder OP-Besteck im Körper vergessen wurde.
Ärztliche Meldepflicht gefordert
Der MD-Chef fordert eine bundesweiten Meldepflicht für diese "Never Events". Dies sei sowohl im Sinne der Patienten als auch der Ärzte. "Beide Seiten müssen auf eine qualitativ hochwertige Versorgung vertrauen können, in der die Sicherheit an erster Stelle steht", sagte Gronemeyer. Voraussetzung für ein funktionierendes System sei allerdings die Möglichkeit, solche Vorfälle anonym und vertraulich zu melden: "Sicherheitskultur muss angstfrei sein."
Etwa jeder 25. Behandlungsfehler ist tödlich
Die registrierte Zahl der Behandlungsfehler bewegt sich nach MD-Angaben auf einem weitgehend unveränderten Niveau. Die Auswirkungen für die betroffenen Patienten sind dabei sehr unterschiedlich: In zwei von drei Schadensfällen handelt es sich um einen vorübergehenden Schaden. In 6,8 Prozent der Fälle gab es jedoch schwere Dauerschäden wie Erblindung oder Pflegebedürftigkeit, in 3,8 Prozent der Fälle führte der Behandlungsfehler zum Tod.
Patientenschützer wollen Zentralregister für schwere Behandlungsfehler
Patientenschützer fordern schon seit Jahren ein bundesweites Zentralregister, in dem schwere Behandlungsfehler gesammelt und analysiert werden - bislang erfolglos. "Auf Basis der Ergebnisse können notwendige Präventionsmaßnahmen abgeleitet und zudem überprüft werden, ob diese in der Praxis wirken", sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze. Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz ergänzte: "Nur eine umfassende Statistik zeigt schnell und transparent, wo es schief läuft und wo Gegenmaßnahmen wirken."
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