Stofftaschen mit dem Logo "Demokratie leben!"
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Stofftaschen mit dem Logo "Demokratie leben!" (Symbolbild)

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Streit um Aus für Demokratieprojekt im Landkreis Regen

Seit 2020 nimmt der Landkreis Regen am Bundesprogramm "Demokratie leben!" teil. Nun soll damit am Jahresende Schluss sein. Der Landkreis will sparen. Doch es regt sich Widerstand – von Jugendlichen, die Demokratie-Erziehung wichtig finden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Selbstbehauptungskurse, eine musikalische Lesung zum Thema Grundgesetz oder eine Demokratie-Konferenz in einem Jugendtreff. Dutzende solcher Projekte gab es in den letzten Jahren im Landkreis Regen. Sie wurden alle über das Bundesprogramm "Demokratie leben!" finanziert. Jetzt will der Landkreis Regen das Projekt, das zum Jahresende ausläuft und neu beantragt werden müsste, beenden – im Rahmen der Haushaltskonsolidierung.

Landrat: Landkreis muss sparen

Es müsse eben vieles auf den Prüfstand, sagt Landrat Ronny Raith (CSU), auch wenn ihm die Entscheidung "nicht leicht" falle. Aber sie gehe im Wesentlichen darauf zurück, "dass halt leider auch der Landkreis Regen sparen muss".

Noch gibt es zwar keine Kreistagsentscheidung zu dem Thema. Bei einer Abfrage, die der Landrat zu dem Thema aber gemacht hat, waren alle Parteien im Kreistag - außer den Grünen - für eine Streichung des Projekts.

Jugendliche wehren sich gegen Projekt-Aus

Viele Jugendliche im Landkreis Regen sind jedoch gegen eine Streichung des Projekts und verstehen nicht, warum man ausgerechnet an diesem Punkt sparen möchte. Gerade jetzt, nach der letzten Europawahl, und gerade im Landkreis Regen sei Demokratie-Erziehung enorm wichtig, heißt es zum Beispiel von Teenagern aus dem Jugendforum Viechtach. "Zwanzig Prozent im Landkreis Regen haben AfD gewählt und da sendet es natürlich ein fatales Signal, diese Förderstelle zu streichen", meint etwas der 17 Jahre alte Ludwig.

Der Viechtacher Jugendrat hat über "Demokratie leben!" zum Beispiel ein Projekt zur Europawahl gemacht, mit dem man in verschiedenen Schulen unterwegs war. "Demokratie-Erziehung ist wahnsinnig wichtig", sagt die 17-jährige Johanna, "auch wenn man solche Wahlergebnisse nicht unbedingt verhindern kann, aber zumindest kann man aufklären, was sie für uns als junge Leute bedeuten." Die ebenfalls 17 Jahre alte Katja findet es insgesamt notwendig, die Demokratie zu stärken.

Erreicht man alle Jugendlichen?

Die Jugendlichen sind dabei durchaus selbstkritisch. Nicht immer erreicht man mit Veranstaltungen zum Thema Demokratie die "Richtigen". Jugendtreffs oder Jugendzentren haben eben nur ein bestimmtes Publikum. "Ich finde die Projekte wichtig", sagt zum Beispiel ein Jugendlicher, "aber ich habe nicht mitgekriegt, dass sie überhaupt bei uns existieren". Die 17-jährige Christina findet, man müsse solche Veranstaltungen ansprechender gestalten, damit sie für alle sind "und sich dann wirklich alle gemeinsam austauschen können".

Projekt wichtig als Ergänzung zum Schulunterricht

Auch viele Lehrer finden es wichtig, Demokratie-Erziehung nicht nur auf den Schulunterricht zu beschränken. Auch, wenn man Fächer wie Sozialkunde oder Politik sehr engagiert unterrichtet, sei "Schule halt ein stark vorstrukturierter Raum, wo Jugendliche nicht immer die große Mitgestaltungsmöglichkeit erfahren", sagt zum Beispiel Bettina Wensauer, Fachlehrerin für Politik und Gesellschaft. Deshalb müsse man mit der Demokratie-Erziehung auch in Jugendzentren, Vereine und viele andere Orte gehen, also "in die Breite der Gesellschaft".

"Lehrer sehen wir jeden Tag", sagt auch Sophia Pongratz, langjährige Schülersprecherin am Dominicus-von-Linprun-Gymnasium Viechtach. Damit die Diskussion lebendig bleibt und etwas bringt, müsse man immer wieder mal Experten von außen dazu holen.

Es geht um 15.000 Euro Einsparung im Jahr

Doch um wie viel Geld geht es überhaupt bei "Demokratie leben!"? In diesem Jahr kann der Landkreis Regen 160.000 Euro für entsprechende Veranstaltungen ausgeben. Diese Summe gibt es komplett vom Bund. Aus eigener Tasche muss der Landkreis noch knapp 18.000 Euro drauflegen. Würde man das Projekt fortführen, müsste der Landkreis rund 15.500 Euro im Jahr selbst zahlen und bekäme 140.000 vom Bund dazu.

Man spart also nicht viel, finden die Grünen im Regener Kreistag, verzichtet aber im Gegenzug auf sehr viel Geld vom Bund. Sie haben jetzt beantragt, das Thema auf der nächsten Kreistagssitzung zu behandeln. Es ist nun am 9. Juli im Kreisausschuss und wird am 17. Juli im Kreistag entschieden.

Gibt es einen Ausweg?

Auch Landrat Ronny Raith sucht offenbar nach einem Ausweg aus dem Dilemma. "Ich bemühe mich persönlich sehr intensiv darum, dem Projekt unter der Trägerschaft des Landkreises eine Option" zu eröffnen, sagt er im BR-Interview. Es gehe ja vor allem um die Finanzierung. "Da bin ich dran und hoffe, dass ich bald auch was Vernünftiges zu verkünden habe."

Ein konkreter Sparvorschlag kam schon aus dem Förderkreis für das Viechtacher Gymnasium, in dem viele Eltern das Projekt auch unbedingt erhalten wollen. Der Vorschlag: Einige Anschaffungen wie zum Beispiel neue Schulmöbel würde der Förderkreis bezahlen und so dem Landkreis Geld sparen. Dieses ersparte Geld könne der Landkreis dann für "Demokratie leben!" ausgeben.

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