Schnappschildkröte
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Schnappschildkröte in Olchinger Auffangstation

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Teures Fundtier: Streit um 6.500-Euro-Rechnung für Schildkröte

Teures Fundtier: Streit um 6.500-Euro-Rechnung für Schildkröte

Bei Fundsachen denken die meisten Menschen an Schirme, Jacken oder Schlüssel. Doch auch Tiere gelten rechtlich gesehen als Fundsache. Nun soll die Kommune Olching 6.500 Euro für die Unterbringung einer Schnappschildkröte zahlen – und wehrt sich.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Vielleicht war die Vorlage für Tiefseemonster aus Heldensagen eine Schnappschildkröte. Abwegig ist der Gedanke nicht, wenn man sich das Tier anschaut, das Fachtierarzt Thomas Türbl aus dem Wasserbottich zieht. Ein Maul, das Finger abbeißen kann, messerscharfe Krallen, ein leises, aber tiefes Fauchen. Die Schildkröte zieht ihren Kopf ein, lässt ihn dann in Sekundenschnelle wieder aus dem Panzer schnellen und beißt zu.

Doch nicht nur die Schildkröte, die nach dem Hochwasser im vergangenen Sommer auf der Straße gefunden wurde, ist unzufrieden. Auch die Auffangstation für Reptilien in München, die das Tier aufgenommen hat, ist verärgert. Vor wenigen Wochen machte die Schnappschildkröte Schlagzeilen als das teuerste Fundtier der Stadt Olching.

6.500 Euro für die Versorgung

6.500 Euro fordert die Reptilienauffangstation von der Kommune für die Aufbewahrung von sechs Monaten. Doch Olching hat bisher nur für die Pflege von 28 Tagen gezahlt. Jetzt wollen die Tierschützer gegen die Kommune vor Gericht ziehen. "Die Kommune Olching hätte das Tier auch irgendwo anders hingeben können oder sich selbst drum kümmern können. Wir reißen uns da nicht drum. Wir machen das für die Kommunen und in dem Fall ist es leider nicht gut gelaufen", sagt Thomas Türbl, Vorstand von der Reptilienauffangstation in München, dem Bayerischen Rundfunk.

Fundrecht: Wer haftet für Tiere als Fundsachen?

Rechtlich wird ein Fundtier zunächst einmal wie ein verlorener Regenschirm betrachtet: Es muss von der zuständigen Kommune für einen gewissen Zeitraum aufbewahrt werden. Wenn die Stadt sich – wie im Fall der Schnappschildkröte – nicht selbst drum kümmern kann, muss sie eine entsprechende Auffangstation mit der Pflege beauftragen.

Im Fall der Schildkröte hat die Reptilienauffangstation das übernommen. Die Summe von 6.500 Euro erklärt Türbl folgendermaßen: "Klar, ist das erst mal viel Geld für so eine Schildkröte. Man muss das aber in Relation sehen, die Schnappschildkröten sind sehr wehrhaft. Man muss genau wissen, wie man an sie ran geht. Wir haben geschultes Personal, was dementsprechend gezahlt werden muss." Die genannten Kosten seien nach der verbindlichen Gebührenordnung für Tierärzte berechnet, erklärt er.

Streitpunkt: Bundesrecht gegen Verhältnismäßigkeit

Die Stadt Olching hat statt für ein halbes Jahr nur für 28 Tage gezahlt. Für eine Sprecherin der Stadt Olching ist klar, dass "die in Rechnung zu stellenden Kosten einer Einrichtung in jedem Falle verhältnismäßig sein müssen".

Thomas Türbl sieht das anders: Das Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gelte. "Das ist Bundesrecht. Fundtiere sind rechtlich Sachen, und im BGB steht, dass eine Fundsache sechs Monate verwahrt werden muss. Die Kommune ist dafür zuständig."

Die meisten Kommunen würden sich an diese Bestimmung halten. Laut Türbl haben von rund 200 Fundtieren im vergangenen Jahr in nur fünf Fällen die Gemeinden oder Städte nicht die volle Rechnung beglichen. Doch diese Einzelfälle belasteten den kleinen Tierschutzverein stark.

"Die nächste Schnappschildkröte nehmen wir nicht mehr auf"

Fakt aber ist schon jetzt: Egal ob er vor Gericht gewinnt oder nicht, der Tierschutzverein zahlt am Ende drauf. Schnappschildkröten gelten als quasi unvermittelbar. Sie sind hier nicht heimisch und nur unter sehr bestimmten Voraussetzungen zu halten. In der Reptilienauffangstation leben bereits mehr als 40 Tiere. Sie können bis zu 80 Jahre alt werden – ein langwieriges und teures Engagement, das die Station meist mithilfe von Spenden finanziert.

Sollte Türbl vor Gericht scheitern, bleibt der Auffangstation nur eine Konsequenz: "Die nächste Schnappschildkröte nehmen wir nicht mehr auf."

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