Vier deutsche Beamte der Bundespolizei im Frontex-Einsatz gehen während des Besuchs der deutschen Innenministerin Faeser an der türkisch-bulgarischen «Grünen Grenze» entlang.
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Vier deutsche Beamte der Bundespolizei im Frontex-Einsatz an der türkisch-bulgarischen Grenze.

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Weniger irreguläre Einreisen – wirkt die EU-Asylreform schon?

Weniger irreguläre Einreisen – wirkt die EU-Asylreform schon?

Im vergangenen Jahr sind deutlich weniger Menschen unerlaubt in die EU gekommen. Aber der Chef der Grenzschutzagentur bleibt mit seinen Schlussfolgerungen vorsichtig.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex sind im vergangenen Jahr 239.000 Menschen mit abgelaufenem Visum oder ohne Aufenthaltsberechtigung in die Europäische Union eingereist. Damit ist die Zahl der sogenannten irregulären Grenzübertritte um 38 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2021 gesunken, als wegen der geschlossenen Grenzen infolge der Corona-Pandemie besonders wenig Menschen in die EU einreisen konnten. Vor allem über zwei wichtige Transitstrecken kamen demnach deutlich weniger Menschen in die EU.

Zusammenarbeit mit Nordafrika

Die Zahl der Einreisen über die zentrale Mittelmeerroute ist um fast 60 Prozent gesunken, weil sich aus Tunesien und Libyen weniger Menschen auf die gefährliche Überfahrt Richtung Europa machten. Frontex-Direktor Hans Leijtens führt das im Gespräch mit der FAZ auf die bessere Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Ländern zurück.

Die EU hat im vergangenen Sommer ein Kooperationsabkommen mit Tunesien abgeschlossen und dem Land zusätzlich zu einer Milliardenhilfe für die Wirtschaft 100 Millionen Euro für verstärkten Grenzschutz versprochen, um Migration in Richtung Europa einzudämmen. Ähnliche Vereinbarungen gibt es mit Libyen und der Türkei. Mit westafrikanischen Staaten sowie mit Marokko und Jordanien verhandelt die EU noch. Trotz des erheblichen Rückgangs entfielen auf die Mittelmeerroute immer noch rund 67.000 Überfahrten, der zweithöchste Wert unter allen Routen.

Balkanländer kontrollieren

Über die Westbalkanroute kamen 2024 sogar fast 80 Prozent weniger Menschen in die EU. Frontex begründet das mit "intensiven Bemühungen der Transitländer, den Zustrom einzudämmen". Nach den Worten von Frontex-Direktor Leijtens sind die Länder der Region bestrebt, sich an EU-Standards anzupassen. Nach Leijtens‘ Angaben haben Staaten entlang der Route ihre Grenzen strenger kontrolliert und die Vergabe von Visa eingeschränkt – auf Druck Brüssels führten sie eine Visumpflicht für Länder ein, deren Bürger auch für die EU ein Visum brauchen. Die sechs Westbalkan-Länder hoffen auf eine baldige Aufnahme in die Gemeinschaft.

Rekord auf den Kanaren

Dafür kamen auf anderen Routen im Jahresvergleich mehr Menschen. Wichtigster Weg für irreguläre Migration in die EU war 2024 die östliche Mittelmeerroute nach Griechenland; auf diesem Weg stieg die Zahl der Grenzübertritte um 14 Prozent auf rund 69.000.

Auch auf der Westafrikaroute wurden mehr Menschen aufgegriffen: Die Kanarischen Inseln vermeldeten sogar einen neuen Höchstwert; dort kamen im vergangenen Jahr 18 Prozent mehr Migranten an, knapp 48.000 Menschen. Der Seeweg von Westafrika auf die zu Spanien gehörende Inselgruppe gilt als besonders gefährliche Fluchtroute. Nach Angaben der Hilfsorganisation "Caminando Fronteras" sind 2024 auf der Überfahrt mindestens 9.757 Migranten ums Leben gekommen. Die UN-Organisation für Migration (IOM) meldet deutlich niedrigere Zahlen.

An der EU-Ostgrenze wurden 2024 dreimal mehr Grenzübertritte gemeldet als im Vorjahr, vor allem entlang der Grenzen zu Weißrussland und der Ukraine. Nach Leijtens‘ Worten sind das unter anderem ukrainische Männer, die sich der Wehrpflicht entziehen wollen.

Reform in Umsetzung

Die EU hat im Sommer nach jahrelangem Ringen eine Asylreform beschlossen, die die Mitgliedsstaaten jetzt umsetzen müssen. Asylbewerber mit geringen Bleibechancen sollen in Lagern an den EU-Außengrenzen Schnellverfahren durchlaufen. Wer abgelehnt wird, soll schnell ins Herkunftsland oder in einen von der EU als sicher eingestuften Drittstaat abgeschoben werden. Der EU-Gipfel im Oktober hat den Druck noch erhöht, die Regeln schnell anzuwenden und Abschiebungen zu erleichtern.

Die Asylreform kann die Migrationszahlen des vergangenen Jahres nicht beeinflusst haben, weil sie erst Mitte 2024 in Kraft trat und noch längst nicht umgesetzt ist. Frontex spricht mit Blick auf den deutlichen Rückgang der irregulären Migration deshalb vorsichtig von "Fortschritten", obwohl die Herausforderungen bestehen blieben: Menschenschmuggler passten sich an, Migrationsströme veränderten sich. Ein Teil der Asylreform könnte aber zum Rückgang der irregulären Migration beigetragen haben: die verstärkte Kooperation der EU mit Herkunfts- und Transitländern entlang der bestehenden Migrationsrouten.

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