Die bayerische Staatsregierung zeigt sich angesichts der Gefahr zusätzlicher US-Zölle auf europäische Produkte sehr besorgt um die Wirtschaft im Freistaat. Die Meldungen über drohende Handelskonflikte mit den USA hätten die Unternehmen zu Recht aufgeschreckt, "weil wir hier große Gefahr in Verzug sehen", sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nach Beratungen des Kabinetts in München.
USA: Bayerns größter Exportpartner
Bayern sei sehr stark exportorientiert, "Amerika ist unser größter Exportpartner". Sollte US-Präsident Donald Trump also Ernst machen mit Zöllen auf europäische Waren, "würde das Bayern massiv schaden". Der Wirtschaft im Freistaat drohten "Milliardenschäden", warnte der Minister. Deswegen sieht er dringenden Handlungsbedarf im Bund und in der EU.
Die bayerische Wirtschaft exportierte laut dem Landesamt für Statistik im Jahr 2023 Waren im Wert von 28,4 Milliarden Euro in die USA. Damit gingen 12,6 Prozent der gesamten bayerischen Exporte in die Vereinigten Staaten. Wichtigstes Exportgut waren Autos und Wohnmobile, gefolgt von Maschinen und medizinischen Geräten. Wegen dieser großen Abhängigkeit vom US-Markt würden laut Aiwanger Zölle letztlich "Arbeitsplätze und Wertschöpfung kosten".
Aiwanger appelliert an den Bund
Ziel der US-Politik ist laut Aiwanger, durch die Drohkulisse der Zölle Produktion in die USA zu holen. Schon jetzt biete das Land erhebliche Wettbewerbsvorteile: günstige Energie, niedrigere Steuern, geringere Personalkosten, weniger Bürokratie, mehr Arbeitszeitflexibilisierung. Deswegen investierten bereits jetzt immer mehr bayerische Unternehmen in den USA.
Der Minister betonte: "Wir können deshalb nur dringend an den Bund appellieren, hier diesen Schuss endlich zu hören." Es brauche niedrigere Unternehmenssteuern, eine sichere und bezahlbare Energieversorgung und eine Senkung der Lohnsteuern. Zudem gelte es, auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) einzuwirken, der Industrie keine weiteren Hürden in den Weg zu legen. Das Verbrennerverbot müsse – wie versprochen – gestoppt werden.
Minister: Abhängigkeit verringern
Darüber hinaus muss die deutsche Wirtschaft dem Minister zufolge versuchen, die "Absatzmärkte zu diversifizieren" und somit die Abhängigkeit von China und den USA zu verringern. Es gelte, die Handelsbeziehungen mit "Wachstumsmärkten von morgen" auszubauen, mit Südamerika, Afrika und Südostasien.
Erleichtert zeigte sich Aiwanger, dass die Zölle gegen Mexiko und Kanada vorerst ausgesetzt wurden. Insbesondere in Mexiko als "Vorhof Amerikas" produzierten viele deutsche Firmen, insbesondere Automobilzulieferer, für den Export in die USA. Somit drohe auch durch Zölle für Mexiko ein massiver Schaden für bayerische Zulieferer.
Grüne sehen auch Aiwanger in der Pflicht
Die Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bayerischen Landtag, Stephanie Schuhknecht (Grüne), bezeichnete die drohenden Zölle als "Gift" auch für die bayerische Autoindustrie. 2023 sei jedes fünfte Auto aus Bayern in die USA gegangen. Viele Zulieferer hätten Werke in Mexiko errichtet und seien nun durch die angekündigten Zölle gegen Mexiko doppelt belastet. "Um dem etwas entgegenzusetzen müssen wir auch neue Partnerschaften schmieden, zum Beispiel im südamerikanischen Raum".
Gerade der Abbau von bestehenden Zöllen und ein erleichterter Marktzugang in Südamerika würde laut Schuhknecht der bayerischen Automobilindustrie wirklich helfen. "Und ich erwarte von Ihnen, Herr Wirtschaftsminister, dass sie sich ohne Wenn und Aber dahinterklemmen, dass es auch kommt." Nötig sei eine europäische Lösung: "Nur gemeinsam haben wir die nötige Schlagkraft, um in einem drohenden Handelskrieg auch wirklich wahrgenommen zu werden." Bayern habe im europäischen Verbund diese Chance.
Ifo-Institut: Arbeitsplätze gefährdet
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, warnte im BR24-Interview, US-Zölle würden die bayerischen Unternehmen "empfindlich treffen". Simulationsmodelle zeigen laut Fuest, dass die deutschen und bayerischen Exporte je nach Höhe der Zölle um zehn bis 15 Prozent sinken würden. "Das wären also heruntergebrochen auf Bayern etwa drei Milliarden Umsatzeinbuße." Hinzu kämen indirekte Einbußen. "Das Ganze wäre nicht gut. Noch schlimmer wäre es, wenn die EU dann antwortet und es zu einem Zollkrieg kommt."
Durch die Einführung zusätzlicher US-Zölle könnten dem Experten zufolge Arbeitsplätze gefährdet werden und Lohnsteigerungen bei betroffenen Unternehmen nicht mehr so möglich sein wie vorher. "Für die Verbraucher bedeutet es, dass Waren aus den USA teurer werden."
Video: Trumps Zölle - Wer soll das bezahlen?
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