Ein ehemaliger Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes ist vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu zehn Jahren Haft wegen 67-facher Vergewaltigung in einer Asylbewerberunterkunft für Frauen in Nürnberg verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 54-Jährige eine Frau mindestens 62 Mal vergewaltigt hat, eine weitere fünf Mal sowie eine weitere Frau sexuell belästigt hat. Die Taten ereigneten sich zwischen 2018 und 2022 in der Asyleinrichtung am Schmausenbuck.
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Gericht sieht Aussagen der Opfer als glaubhaft an
Das Gericht begründete das Urteil hauptsächlich mit den glaubwürdigen Aussagen der Opfer. Es sah hier auch keine 'Aussage gegen Aussage'-Verhandlung, denn der Angeklagte habe zwar die Vorwürfe abgestritten, aber keine Alternativdarstellung geliefert. Das Gericht hat die Aussagen der Opfer hingegen als glaubhaft gewertet, denn diese hätten die Übergriffe detailreich und ohne Widersprüche mehrfach geschildert.
Immer wieder gleiches Tatmuster
Die Vorsitzende Richterin Barbara Reim erklärte, dass sich die Taten im Wesentlichen immer gleich abgespielt haben. Der Angeklagte hatte die Frauen zum Duschen geschickt und ihnen ein Zeichen gegeben, dass sie dann in einen Raum des Helferkreises oder in den Keller der Unterkunft kommen sollten. Dort mussten sie sich über einen Stuhl beugen oder wurden auf einer Matratze von ihm vergewaltigt. Der Angeklagte hatte die Frauen massiv bedroht, er habe die Macht, dafür zu sorgen, dass ihnen ihre Kinder weggenommen werden, wenn sie ihm nicht Folge leisten würden.
Mehrfach vergewaltigt – Opfer in Angst
Eine der Frauen wurde über einen Zeitraum von drei Jahren nahezu wöchentlich, teilweise auch mehrmals pro Woche, vergewaltigt, gab das Opfer an. Sie vertraute sich erst einer Frau aus dem Helferkreis an, nachdem sie aus der Unterkunft ausgezogen war. Nach deren Angaben habe sie auch noch in ihrer eigenen Wohnung in Angst mit heruntergelassenen Rollläden gelebt und sei kaum mit ihrem Sohn vor die Tür gegangen. Erst als sie von der Inhaftierung des Angeklagten erfahren habe, konnte sie ein Stück weit ihre Angst ablegen.
Das Gericht sieht bei der Frau auch keinerlei Anhaltspunkte für ein Falschbelastungsmotiv. Die Zahl ihrer Missbrauchsfälle reduzierte das Gericht von ursprünglich 72 auf 62, da das Opfer keine genauen Daten liefern konnte und der Angeklagte auch mal Urlaub oder von ihr abgelassen habe, weil er sich an einer anderen Frauen verging.
"Du musst mit mir schlafen, ich bin hier der König"
Zwei der betroffenen Frauen haben dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) ein Interview gegeben. Darin schildert eine von ihnen, wie der Sicherheitsmitarbeiter, der mehrere Sprachen spricht, zu ihr sagte: "Du musst mit mir schlafen!" Er habe die Tür zu einer Kleiderkammer abgeschlossen, doch sie habe angefangen zu schreien und ihn weggeschubst, daraufhin habe er selber Angst bekommen und die Tür geöffnet. Zu der anderen habe er gesagt: "Wenn Du schlau bist, dann machst Du das. Ich zeige Dir, dass ich hier der Gott bin. Ich bin hier der König, warum sollte ich nur eine Frau haben?" Er habe ihr gedroht, dem Jugendamt zu schreiben, dass sie Alkohol und Drogen nehmen würde und ihr dann ihre Tochter weggenommen werde. Sie habe jedes Mal bei den Vergewaltigungen geweint.
Weiteres Opfer leidet noch immer an Folgen
Bis heute leidet die Frau an körperlichen und psychischen Beschwerden. In dem WDR-Interview sagte sie, sie hätten den Mann "das Monster" genannt. Sie bekomme immer noch rund 10 Mal pro Woche Panikattacken. Auch ihre Aussagen stufte das Gericht als glaubwürdig ein, da auch sie viele Details der Übergriffe schildern konnte. Die Frauen hätten sich nicht früher Hilfe gesucht, da sie davon ausgegangen seien, dass ihnen nicht geglaubt werde. Das Gericht konnte keinerlei Zusammenwirken der Frauen feststellen. Laut Gericht hätten sich die beiden Vergewaltigungsopfer allein schon wegen unüberwindbarer Sprachbarrieren nicht absprechen können.
Entlastungszeugen manipuliert?
Bei einigen Zeugen, die den Angeklagten hätten entlasten sollen, gab es jedoch Anhaltspunkte für abgesprochene Aussagen. Der Angeklagte habe zudem gewusst, dass seine Opfer bereits in der Vergangenheit sexuelle Gewalt erlitten hatten, dies wird dem Angeklagten besonders zur Last gelegt. Besonders bei dem Opfer, das er über Jahre vergewaltigt hatte, habe sich eine Routine und damit eine geringere Hemmschwelle eingestellt.
DNA-Spuren als zusätzliches Beweismittel
Bei allen Frauen habe der Angeklagte Kondome verwendet, die "akribisch entsorgt" wurden, um keinerlei Spuren zu hinterlassen, sagte die Richterin. Dennoch wurden an einer Matratze, die im Keller der Unterkunft gelagert wurde, DNA-Spuren des Angeklagten und eines der Opfer gefunden. Diese wurden als stützendes Beweismittel gewertet. Dass er stets Kondome verwendete und damit die Gefahr einer Infektion oder ungewollte Schwangerschaft minimiert wurde, wurde ihm bei der Urteilsverkündung zugute gehalten. Ebenso, dass er nicht vorbestraft war. Für eine anschließende Sicherheitsverwahrung sah das Gericht die Voraussetzungen nicht gegeben.
Revision des Urteils möglich
Der Angeklagte hatte die Vorwürfe bis zuletzt bestritten und schüttelte während der Urteilsbegründung immer wieder den Kopf. Die Staatsanwaltschaft hatte 13 Jahre Haft gefordert und prüft nun, ob sie in Revision geht. Der Verteidiger hatte einen Freispruch seines Mandanten gefordert und will in Revision gehen.
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