Der Jesuitenpater Alfred Delp, Mitglied des Kreisauer Kreises vor Volksgerichtshof.
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Der Jesuitenpater Alfred Delp, Mitglied des Kreisauer Kreises, vor Volksgerichtshof.

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Vor 80 Jahren wurde der Jesuit Alfred Delp hingerichtet

Vor 80 Jahren wurde der Jesuit Alfred Delp hingerichtet

Am Sonntag wurde an die Ermordung des Jesuitenpaters Alfred Delp gedacht. Delp war Mitglied des Kreisauer Kreises, der den Neuanfang Deutschlands nach Hitler plante. Kurz vor der Hinrichtung verfasste Delp noch Briefe, Meditationen und Abhandlungen.

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Es fehlten nur wenige Wochen bis zum Zusammenbruch des nationalsozialistischen Terrorregimes, doch der Volksgerichtshof machte mit Alfred Delp kurzen Prozess: Dass sich der Jesuit am Kreisauer Kreis beteiligt hatte, der Gruppe um Helmuth James Graf von Moltke, die für einen deutschen Neuanfang nach dem Sturz Hitlers plante, machte den 37-jährigen Jesuitenpater für die Nationalsozialisten zum Hochverräter.

Am 2. Februar 1945, vor 80 Jahren, wurde Alfred Delp in Berlin-Plötzensee hingerichtet. In München fanden am Sonntag nun mehrere Gedenkveranstaltungen statt. Beim Gottesdienst in der St. Michaelskirche würdigte Kardinal Reinhard Marx Delps unerschütterlichen Einsatz für Menschenwürde und Gerechtigkeit, während Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, bei einem Festakt in der Hochschule für Philosophie die anhaltende Bedeutung seiner Gedanken für die demokratische Grundordnung betonte. Die Jesuiten und das Erzbistum München und Freising haben ein Seligsprechungsverfahren für Delp beantragt.

Kreisauer Kreis: Denkfabrik für Zeit nach der NS-Zeit

Delp wurde als Sohn eines protestantischen Kaufmanns und einer katholischen Mutter 1907 in Mannheim geboren. Im südhessischen Lampertheim, wo die Familie ab 1914 wohnte, engagierte er sich in der katholischen Jugendarbeit. Sein Gemeindepfarrer förderte Delp. Nach dem Abitur trat Delp in den Jesuitenorden ein. In seinen Predigten entwarf Alfred Delp in Abgrenzung zum nationalsozialistischen Staat seine Vision eines solidarischen Christentums und einer humanen Gesellschaft.

Ab 1939 wirkte Alfred Delp als Seelsorger in der Pfarrei Heilig Blut im Münchner Stadtteil Bogenhausen. Er wurde Mitarbeiter der Zeitschrift "Stimmen der Zeit" in München, der im Juni 1941 die Druckerlaubnis entzogen wurde, bis sie im Oktober 1946 wieder erscheinen konnte und bis heute von den Jesuiten herausgegeben wird.

Vermittelt durch den Münchner Jesuitenprovinzial Augustin Rösch, kam Delp in Kontakt mit dem Kreisauer Kreis. "Der Kreisauer Kreis war eine Denkfabrik, heute würde man sagen ein Thinktank", sagt Pater Karl Kern, Rektor der Jesuitenkirche Sankt Michael in München, im BR-Gespräch. "Quer durch alle Gruppen, von ostelbischen Junkern, Adeligen, evangelischen Pastoren, einem Jesuiten, Sozialdemokraten, verschiedenste Gruppen von Menschen, wussten sie, dass der Krieg in der Katastrophe enden wird und man sich jetzt schon Gedanken machen müsse über einen Neuanfang in Deutschland", sagt Pater Kern.

Delps Ziele: Rechtssicherheit, Gerechtigkeit, Humanismus

Wie groß Delps Einfluss dort war und wie oft er tatsächlich an Treffen teilnahm, bleibt unter Historikern umstritten. Sicher ist, dass Delp kein realpolitisches Programm für die Zeit nach Hitler entwarf, sondern eher Gedanken für die sozialphilosophischen Fundamente eines neuen Deutschlands beisteuerte. Wichtig waren ihm die Themen Rechtssicherheit, soziale Gerechtigkeit und ein "Humanismus im Namen Gottes", so der Jesuit Kern im Rückblick.

Viele Gedanken Delps und des Kreisauer Kreises seien später ins Grundgesetz eingeflossen: Konzepte zur sozialen Gerechtigkeit, ein föderales Deutschland mit eigenständigen Ländern und der Gedanke, dass Deutschland nur Zukunft innerhalb Europas habe.

Nach der Verhaftung Moltkes und vor allem nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 geriet auch Delp ins Visier der Gestapo. Weil sich in Stauffenbergs Notizbuch Delps Name fand, wurde er verdächtigt, an der Verschwörung beteiligt gewesen zu sein. Das war aktuellen Forschungen zufolge indes nicht der Fall. Stauffenberg und Delp hatten sich nur einmal in Bamberg getroffen.

Bis zur Hinrichtung: Gottvertrauen blieb ungebrochen

Am 9. und 10. Januar 1945 machte Alfred Delp der oberste NS-Richter Roland Freisler wegen Hoch- und Landesverrats den Prozess. Delp selbst sprach nach seiner Verurteilung von einer "Vernichtungsabsicht": "Es war alles fertig, als es anfing." Am 11. Januar 1945 verkündete Freisler Delps Todesurteil.

In den Wochen zwischen Verhaftung und Hinrichtung formulierte der Jesuit Briefe, Meditationen und Abhandlungen: Sein geistliches Testament. Daraus ist ersichtlich, dass sein Glaube und sein tiefes Gottvertrauen bis zuletzt ungebrochen waren. Als er am 2. Februar 1945 zum Galgen geführt wurde, soll er dem Gefängnisseelsorger zugeflüstert haben: "In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie."

Im Video: Gedenken - 80. Todestag von Pater Alfred Delp

Jesuitenpater Alfred Delp
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Jesuitenpater Alfred Delp

Mit Informationen von KNA

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