Ein roter Party-Umzug wandert durch den Münchener Norden. Vorneweg fährt ein offener Doppeldeckerbus und es dröhnt "What is love" von Haddaway aus den Boxen. Was hier ein wenig wie der Christopher-Street-Day aussieht, ist der Warnstreik der IG Metall. Der Geschäftsführer der IG Metall München, Daniele Frijia, läuft in der ersten Reihe. Er setzt darauf, dass sich durch diese neue Art von Protest umso mehr Menschen anschließen. "Wir hoffen auf mindestens 5.000 Kolleginnen und Kollegen von BMW und anderen Betrieben", sagt Frijia.
Damit auch wirklich so viele kommen, bietet die IG Metall vor dem Forschungs- und Innovationszentrum von BMW fast schon ein kleines Musikfestival an – mit Imbissen für die Teilnehmenden, Live-Musik einer Band und einem Auftritt von Breakdancern.
Eine Forderung: Sieben Prozent mehr Lohn
Mit möglichst vielen Streikenden will die IG Metall Druck machen, bevor am Nachmittag die Tarifverhandlungen fortgesetzt werden. Noch am späteren Abend soll eigentlich eine Einigung her. Aber bislang liegen die Gewerkschaft und die Arbeitgeber deutlich auseinander. Insbesondere bei den Lohnforderungen: Sieben Prozent und 170 Euro mehr für Azubis bei einer Laufzeit von zwölf Monaten – damit startete die IG Metall in die Tarifrunde.
Arbeitgeber verweisen auf schlechte Rahmenbedingungen
Die Arbeitgeber boten zuletzt 3,6 Prozent in zwei Schritten bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Diese Laufzeit dürfte bei den Gesprächen, die in Hamburg geführt werden, eine wichtige Rolle spielen. Je länger, desto sicherer können Betriebe planen.
"Ich erwarte von den Gewerkschaften, dass sie die wirtschaftliche Situation, in der sich die Metall- und Elektroindustrie sich im Moment befindet, ernst nehmen und damit ein großes Stück auf uns zukommen", sagt Angelique Renkhoff-Mücke, Bayerns Arbeitgebervertreterin bei den Tarifverhandlungen. "Denn die Rahmenbedingungen sind wirklich schlecht, und wir müssen alles tun, um die Industrie wirklich gut zu stabilisieren."
Auf die schlechte Lage der Metall- und Elektroindustrie angesprochen, sagt ein Fließbandarbeiter aus dem BMW-Presswerk: "Das ist bloß ein Argument, um hier zu sparen und gleichzeitig im Ausland billig zu produzieren." Und weiter: "Die Azubis, die haben zeitweise Zweitjobs", sagt eine Vertrauensfrau der IG Metall, um zu unterstreichen, wie dringend eine Lohnerhöhung gerade in der Ausbildung wäre.
Rund 15.000 Streikende allein in Ingolstadt
Letztendlich wurden es rund 3.600 Teilnehmer bei dem Streik vor den BMW-Gebäuden in München, so die Polizei – weniger als die anvisierten 5.000. In Ingolstadt an den Audi-Werken versammelten sich hingegen deutlich mehr Streikende. Dort trafen sich laut Polizei 12.000 bis 15.000 Personen zum Protest, inklusive einer Pyro-Show auf der Bühne – mit 15.000 hatte die IG Metall vorab gerechnet.
In der Schlussbilanz zählte die Gewerkschaft insgesamt 43.000 Beschäftigte, die in Bayern in verschiedenen Orten auf die Straße gegangen seien. Und sollten die Tarifverhandlungen in der Nacht scheitern, könnten schon morgen die nächsten Warnstreiks drohen.
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