Inmitten der fünf hochgewachsenen Polizeibeamten geht Maximilian Eder fast unter. Der Oberst a.D. im rotweißkarierten Baumwollhemd ist hager. Die Gesichtszüge wirken eingefallen und ernst. Die einst zum Scheitel gelegten Haare reichen bis zur Schulter. Nur Eders blaue Augen stechen hinter dunklen Brillengläsern heraus. Die Verhandlung vor dem Regensburger Verwaltungsgericht ist der erste Auftritt des mutmaßlichen Mitglieds einer terroristischen Vereinigung nach mehreren Monaten Untersuchungshaft in Italien und Deutschland.
Dabei geht es aber nicht um die Umsturzpläne, sondern um Waffen, die bei einer Hausdurchsuchung nicht auffindbar waren, nachdem ihm das Landratsamt Freyung-Grafenau 2021 die Waffenerlaubnis entzogen hatte. Eder hatte gegen die Zwangsgelder geklagt, die deshalb gegen ihn verhängt worden waren.
Vom Soldaten zum mutmaßlichen Verschwörer
Laut Bundesanwaltschaft gehört der ehemalige Offizier nicht nur einer Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß an, die einen Sturm auf den Bundestag geplant habe, um so einen Umsturz des politischen Systems zu erreichen. Eder wird sogar zugeschrieben, der "militärische Arm" der Bewegung zu sein. Ein Vorwurf, der einer Fahnenflucht gleichkommt. Denn 38 Jahre habe er laut eigener Aussage bei der Bundeswehr unter anderem das Kommando Spezialkräfte mit aufgebaut und mit schlimmsten Kriegsverbrechern zu tun gehabt. Auch nach seiner aktiven Zeit hat er sich der Sicherheit verschrieben und für die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in Afghanistan gearbeitet.
Handeln nach QAnon-Verschwörungstheorie
Bei seinen Auslandseinsätzen habe er auch Dinge erlebt, die ihn bis heute beschäftigen, so Eder bei seiner Aussage vor dem Verwaltungsgericht. Er habe ein Alkoholproblem entwickelt. Und er habe damals zum ersten Mal von "satanischer ritueller Pädophilie" erfahren, bei der Kinder von Satanisten entführt, gequält und getötet würden - eine Verschwörungstheorie, die den mythologischen Kern des rechtsextremistischen QAnon-Kults bildet. Mehrmals kommt Eder bei seinen Ausführungen vor dem Verwaltungsgericht Regensburg darauf zu sprechen, dass es sich dabei um eines der schlimmsten Verbrechen handle, die verschwiegen würden. Der Vorsitzende Richter ermahnt Eder mehrmals, zur Sache zu sprechen.
Wenn ein Staatsdiener dem Staat misstraut
Bei der "Sache" geht es um die Frage, wo sich Eders Waffen befinden. Doch auch dabei wird Eders Misstrauen gegenüber dem Staat deutlich. Laut eigener Aussage habe er die Waffen in der Donau versenkt, nachdem ihm das zuständige Landratsamt Freyung-Grafenau die Waffenerlaubnis wegen Trunkenheit am Steuer entzogen habe. Für Eder zu Unrecht. "Dass man mir als Berufssoldat gegenüber, der immer ordnungsgemäß mit Waffen umgegangen ist, eine Anordnung zur Wegnahme der Waffen trifft, sehe ich als verachtungswürdig."
Daher habe er sich entschlossen, sie nicht dem Staat zu übergeben, sondern selbst zu entsorgen: "Ich werde mich nicht dem Diktat der Obrigkeit unterwerfen." Für ihn hätten Waffen keinen monetären, sondern als Soldat einen innerlichen Wert. Sich von ihnen zu trennen, nennt Eder "Exerzitien" – quasi ein religiöser Schritt. Eine missbräuchliche Verwendung sei für ihn ausgeschlossen: "Satanische rituelle Pädophilie ist nicht mit Waffengewalt zu lösen."
Selbstverständnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Maximilian Eder gibt bereitwillig Auskunft auf die Fragen rund um den Verbleib der Waffen. Er ist bei der Verhandlung am Verwaltungsgericht Regensburg nicht Angeklagter - er klagt gegen die Zwangsgelder, die Beamte des Landratsamts Freyung-Grafenau gegen ihn erhoben haben. Er könne sich gut erinnern, wie er die Waffen an jenem Tag entsorgt habe. Dass er die zerlegten Waffen in einen präparierten Plastiksack gepackt und diesen zusammen mit mehreren Dosen Büchsenbier, einer Thermoskanne Glühwein und einer Flasche Rotwein in einen Rucksack verstaut habe. Dass ihn dabei sicher niemand beobachtet habe.
Nur eines weiß er nicht: An welcher Stelle er die Waffen in die Donau geworfen hat. Darüber wundert sich der Vorsitzende Richter.
Eder bezeichnet sich als "finanziell ruiniert"
Mehrmals schweift Eder nach mehreren Sätzen ab. Oder er winkt nach Ermahnungen durch das Gericht ab, als ob ihm dessen Entscheidung egal sei. Die Frage nach seiner finanziellen Situation ist einer der wenigen Momente, in denen der Soldat emotional wird. Die Pension sei ihm ohne Verfahren bereits um 30 Prozent gekürzt worden. Inzwischen sei er finanziell ruiniert. Doch Eder tritt als Überzeugungstäter auf. Gegen Ende preist er mehrere Bücher an, die aus seiner Sicht alles erklären würden.
Das Gericht weist die Klagen ab. Eder muss die Prozesskosten tragen. Über einen Hintereingang wird er zu den Polizeitransportern gebracht, die kaum in den kleinen Innenhof passen. Kein Hubschrauber in der Luft, keine Polizeibeamten, die den Weg absperren. Fast unbemerkt fährt die kleine Kolonne durch die zur Mittagszeit belebte Regensburger Altstadt. Hinter verdunkelten Scheiben sitzt ein Mann in seiner Gedankenwelt.
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