In Bayern wird seit Jahren über die Einführung eines sogenannten Wassercents gestritten. Die Idee ist einfach: Wasser soll endlich einen Preis bekommen. Denn bisher wird in Bayern nur für die Wasserinfrastruktur gezahlt – also beispielsweise für die Rohre, die Aufbereitung oder die Reinigung. Die eigentliche Ressource, das Wasser, ist bisher kostenlos. Deswegen soll der Wassercent kommen. Wann genau, ist fraglich.
Vorhaben seit drei Jahren geplant
Vor drei Jahren hatte sich die bayerische Staatsregierung dazu entschlossen, Wasser zu bepreisen. Der Wassercent steht sogar im aktuellen Koalitionsvertrag. Damit soll auch eine Lücke geschlossen werden. Denn in 13 von 16 Bundesländern gibt es den Wassercent bereits, teilweise seit Jahrzehnten. Nur Bayern, Hessen und Thüringen erheben bislang kein Wasserentnahmeentgelt. In Bayern ist seit der Ankündigung allerdings wenig passiert. Die Politik streitet darum, wie hoch der Wassercent sein soll. Zuletzt kursierten Summen zwischen sieben, acht und zuletzt zehn Cent pro Kubikmeter Wasser.
Dass sich die beiden Regierungsfraktionen bislang nicht auf den Wassercent einigen konnten, liegt aber auch an der Frage, wer ihn zahlen soll. Vor allem Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger hatte sich dafür ausgesprochen, Landwirtschaft und Industrie auszunehmen. Das war wiederum bei Teilen der Opposition, Naturschutzverbänden, Wasserversorgern und beim Bayrischen Gemeindetag auf Ablehnung gestoßen. Diese fordern ein solidarisches Konzept, wonach alle, die Wasser verbrauchen, auch zahlen sollen.
Landwirtschaft rechnet mit enormen Mehrkosten
Allerdings betonen Kritiker des Wassercents, dass sie bereits in Wasser investieren. So auch Landwirt Peter Höfler, der bei Nürnberg einen landwirtschaftlichen Betrieb betreibt: "Wir haben Speicherbecken gebaut, wir haben Pumpen, wir müssen alles warten. Es nicht so, dass ich Wasser entnehme und mir das nichts kostet", meint Höfler.
Der Landwirt bewässert automatisiert und spart dadurch Wasser. Trotzdem nutzt er etwa 70.000 Kubikmeter Wasser im Jahr für seine Gemüseproduktion. Mit den jüngst angekündigten 10 Cent pro Kubikmeter würden auf Höfler im Jahr Mehrkosten von mindestens 7.000 Euro zukommen. Eine Summe, die der Landwirt nach eigener Aussage stemmen könnte. Allerdings müsste er die Mehrkosten auf seine Produkte umlegen: "Am Ende des Tages muss das der Verbraucher bezahlen", sagt Höfler. Was den Landwirt aber auch umtreibt, ist die Frage, was mit den Einnahmen aus dem Wassercent geschehen soll: "Wo kommt das hin? Wem kommt das zugute? Wo wird das wieder verteilt?"
Mit Wassercent Grundwasserschutz finanzieren?
Das offizielle Ziel des Wassercents ist es, Bewusstsein für den Wasserverbrauch zu schaffen. Was mit den Einnahmen in Bayern passiert, ist bisher unklar. Laut Bund Naturschutz Bayern würden mindestens 77 Millionen Euro durch den Wassercent im Jahr in die bayerische Staatskasse fließen. Dieses Geld würden die Naturschützer gern in den Grundwasserschutz investieren.
Bayernweit ist das Grundwasser in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Und obwohl es dieses Jahr viel geregnet hat, gäbe es einiges zu tun, um die langfristige Wasserversorgung für Bayern zu sichern, findet Christine Margraf vom Bund Naturschutz: "Aber es fehlt bisher die Kapazität das wirklich umzusetzen."
Wassercent soll Grundwasser schützen
Der Bund Naturschutz will die Einnahmen aus dem Wassercent deshalb zweckgebunden verwenden, beispielsweise für die Renaturierung von Flüssen. Hat ein Fluss mehr Platz und kann mehr Fläche einnehmen, kann beispielsweise bei Starkregen mehr Wasser aufgenommen werden, im Boden versickern und zu Grundwasser werden. Doch das Geld für solche Projekte ist knapp. "Das ist ein Vorteil vom Wassercent, dass wir Maßnahmen, die auf das Grundwasser einspeisen, mitfinanzieren könnten", meint Margraf vom Bund Naturschutz.
Auch die Landwirtschaft könnte vom Wassercent profitieren, "indem man zum Beispiel Unterstützungsmaßnahmen für ökologischen Landbau oder Umstellungen auf wassersparende Techniken fördert", findet Margraf. Förderung? Gern, meint Landwirt Höfler. Allerdings fürchtet er, dass durch das Mehr an Bürokratie kein Geld bei ihm ankommen würde: "Was das an Ressourcen und Personal nach sich zieht – für mich stellt sich die Frage, ob die Kosten und der Nutzen in irgendeiner Weise zu rechtfertigen sind."
Wann der Wassercent kommt, bleibt weiter fraglich. Zuletzt war ein Entwurf von CSU und Freien Wählern mit Verbänden diskutiert worden.
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