Ein Mann an einem Mini-Beet mit Setzlingen.
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Gerd Meyer pflegt einen Pocket Park, der vor zwei Jahren beim Nürnberger Stadionbad angelegt wurde. Die Esskastanie ist am Stärksten.

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Wie ein Gärtner mehr gesundes Grün in Städte bringen will

Wie ein Gärtner mehr gesundes Grün in Städte bringen will

Eine Idee aus Weißenburg könnte helfen, kostengünstig mehr Grün in Städte zu bringen. Dabei werden junge Triebe mehrerer Baumarten vor Ort eingepflanzt. Sie bilden schnell tiefe Wurzeln. Der stärkste Trieb wird ohne viel Pflege ein gesunder Baum.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Es ist nicht weniger als eine Revolution der Baumschule – und könnte eine Lösung für überhitzte Städte in Zeiten des Klimawandels werden: Bisher werden Bäume mehrmals verpflanzt, bis sie an ihrem gewünschten Standort eingesetzt werden. Ein Start Up um den Weißenburger Baumschulgärtner Gerd Meyer hat mit einer völlig anderen Vorgehensweise Erfolg. Es pflanzt mehrere junge Triebe verschiedener Baumarten auf zwei Quadratmeter, gerne neben die Reste eines gefällten Baums. Der stärkste Trieb wird später ein gesunder Baum, die anderen spenden Schatten. Und gemeinsam erreichen sie durch tiefe Wurzeln das verfügbare Wasser im Boden.

Bäume gießen ist verboten

Der Vorteil ist, dass sich die jungen Triebe sofort auf den Standort einstellen. "Ein gesunder Trieb bildet innerhalb kürzester Zeit tiefe Wurzeln, wenn kein Wasser von oben kommt", sagt Gerd Meyer. Er hat 30 Jahre Erfahrung als Baumschulgärtner und ist Spezialist für Maulbeerbäume. Die Natur entscheide, ob sich Esskastanie, Schwarznuss oder Ahorn an einem Standort durchsetze. "Das hängt von der Art des Bodens ab. Gießen ist bei uns verboten", sagt Meyer.

Einmal im Jahr werden lange Triebe zurückgeschnitten. Diese zerkleinert Gerd Meyer gleich vor Ort, das Grün bleibt als Dünger am Boden liegen.

Pflanzpatronen statt Baumschule

Die jungen Triebe produziert das Unternehmen Bison Forest Fruit wenige Wochen, bevor sie gepflanzt werden. "Wir wecken die Keime auf", erklärt Meyer, "und setzen sie auf unsere Pflanzpatrone". Das ist ein etwa 20 Zentimeter langer Kegel aus Erde, von einer Art Netzstrumpfhose zusammengehalten. Diese lässt die Wurzeln durch und verrottet nach dem Einpflanzen.

Die Pflanzpatrone hat ein Forstunternehmer aus einem Dorf bei Weißenburg für Waldbäume entwickelt: der sogenannte "Altmühltaler Pflanztopf". Er ist der dritte Partner von Bison Forest Fruit, die Pflanzpatrone heißt jetzt TREETOBEE.

Vor einem Jahr bespottet – jetzt ist die Nuss schon zwei Meter groß

Vor einem Jahr noch hatte Gerd Meyer in seiner Heimatstadt Weißenburg für seine Arbeit viel Spott geerntet. Auf einem neu gebauten Parkplatz richtete "Bison Forest Fruit“ vier sogenannte "Pocket Parks" ein. Das sind Kästen aus Brettern und Holzstämmen, zwei bis drei Quadratmeter groß. Am Boden liegen Holzstämme und Laub, dem Waldboden nachempfunden. Nach einem Jahr mit viel Regen ist die dort gepflanzte Flügelnuss schon mehr als zwei Meter hoch. "In fünf Jahren steht hier ein richtiger Baum", verspricht der Gärtner. Und zwar einer mit intaktem Wurzelwerk. In Baumschulen werden Pflanzen regelmäßig verpflanzt, dabei werden die Wurzeln jeweils abgeschnitten. "So ein Baum ist auf Dauer nicht überlebensfähig", meint Meyer.

Chance für kostengünstiges Grün in der Stadt

Die Methode ist vor allem für Stadtgrün geeignet. Die Pflanzen kommen ohne künstlichen Dünger aus, müssen nicht gegossen werden. Meyers Geschäftspartner Ulrich Grauvogel erklärt, durch die Methode lasse sich die Ökosystemleistung für das gleiche Geld verfünffachen. Ein Baum für eine Baumscheibe mitsamt Pflege kostet eine Kommune aktuell 2.000 bis 3.000 Euro. Für dieses Geld könne er fünf Pocket Parks anlegen, so Grauvogel.

Wie sich einzelne Bäume entwickeln werden, könne man in Zeiten von Hitze und Starkregen nicht mehr vorhersagen. "Wir müssen mit der Natur arbeiten", so Grauvogel. Auf dem Gelände des Nürnberger Stadionbades hat Bison Forest Fruit mehrere Flächen bepflanzt und damit eine Art Experimentierfläche geschaffen. Die Fachwelt scheint interessiert. Regelmäßig führt Grauvogel Fachbesucher über das Gelände.

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