Die Zahl der Verkehrsunfälle in Oberfranken ist im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Kommunen erarbeiten derweil Maßnahmen, die das Radeln attraktiver machen sollen. Während in Bamberg zum Beispiel Trittbretter das Warten an Ampeln komfortabler machen sollen, hat jetzt nun auch die Stadt Coburg eine neue Maßnahme gestartet.
In Coburg sollen neue Ampelschalter an einer Kreuzung für eine höhere Sicherheit von Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern sorgen. Radfahrer finden die Innovation gut, in den sozialen Medien gibt es aber auch Kritik für die neuen "Drücker".
Mehr Radler in Coburg
Über den Coburger Schlossplatz und entlang der historischen Ehrenburg in Coburg führt ein gut ausgebauter Radweg. Auch in der oberfränkischen Stadt steigen immer mehr Menschen auf das Rad um, so Stadtsprecher Louay Yassin. Der Radweg zwischen dem Norden und dem Süden der Stadt wurde deshalb unlängst ausgebaut und ist eine der Hauptverbindungswege für Radfahrer in der Stadt. An einer viel befahrenen Ampelkreuzung am Rande der Ehrenburg kamen sich Fußgänger und Radler beim Warten auf Grün immer wieder in die Quere, berichtet Yassin. Aus diesem Grund habe sich die Stadt entschlossen, die Situation zu entzerren.
Zusätzliche Drücker vor der Kreuzung
Auf jeder Seite des Radwegs wurden vor Kurzem in beiden Fahrtrichtungen zusätzliche Masten rund zehn Meter vor der Kreuzung installiert, an denen Drücker für die Ampel angebracht sind. Der Ablauf ist im Grunde selbsterklärend, so Stadtsprecher Yassin bei einem Ortsbesuch. Die Radler fahren an die Masten, drücken den Taster und können mit ein wenig Glück bis zur Kreuzung weiterrollen und dann die Kreuzung überqueren. Bislang mussten sie dazu an die Fußgängerampel fahren und absteigen. Schaltet die Ampel nicht direkt auf Grün, können sich die Radfahrer an einem Haltegriff an den Masten bis zum Losfahren festhalten. Eine weitere Erleichterung: Radler können jetzt auf einer eigenen Spur an der Kreuzung über die Straße fahren.
Maßnahme soll Verkehrsfluss nicht einschränken
Die Maßnahmen sollen den Verkehrsfluss an der Kreuzung und in der Innenstadt nicht zusätzlich hemmen, betont Stadtsprecher Louay Yassin. Generell gelte, dass Stadtbusse in Coburg generell Vorfahrt haben. Nähert sich ein Bus einer Ampel, regeln Schaltungen, dass dieser schnell Grün bekommt, so Yassin. Durch die neuen Drücker für Radfahrer soll auch der Autoverkehr nicht übermäßig eingeschränkt werden. Die Grünphasen für Radfahrer und Fußgänger sind an der Kreuzung in gewissen Abständen geschaltet. Eine "grüne Welle" für Radfahrer wird es also auch in Zukunft nicht geben.
Positive Resonanz bei Radfahrern
Die zusätzlichen Drücker und die neue Radspur an der Kreuzung kommen bei den Radfahrern gut an. Ein an einem Masten wartender Radler freut sich, dass er sich "zügig sein Grün abholen" und im Anschluss über die neue Spur fahren kann. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub Deutschland (ADFC) in Coburg ist von der Maßnahme der Stadt generell angetan. Klaus Brondke vom ADFC lobt nach mehreren Testfahrten über die Kreuzung, dass die Ampel schnell auf Grün springe und die Radfahrer besser über die Straße kommen. Auch das Anfahren an einer steilen Stelle vor der Kreuzung in Richtung Schlossplatz werde für ältere Radfahrer einfacher.
Die Stadt Coburg habe in diesem Fall das Radverkehrskonzept gut umgesetzt und dafür viel Geld in die Hand genommen, so Vorstandsmitglied Brondke. Die Maßnahme zeige, dass mehr Rücksicht auf die Belange der Radfahrer in Coburg genommen werde. Der ADFC hofft nun auf weitere Projekte im Sinne der Sicherheit für die Radler.
Nachbesserungsbedarf erkannt
Allerdings hat der ADFC in Coburg noch einige Ideen zur Nachbesserung für die zusätzlichen Ampeldrücker. So müsse man an den Masten kurz anhalten, um den Taster zu betätigen. Ein Festhalten und gleichzeitiges Drücken gehe leider nicht, so Brondke. Auch wünscht er sich eine Beschilderung, um auf die neuen Masten für Radler aufmerksam zu machen. Zudem würde seiner Ansicht nach eine Beleuchtung in den Abend- und Nachtstunden Sinn machen.
Kritik in sozialen Medien
In den sozialen Medien wurden die zusätzlichen Ampeldrücker seit der Inbetriebnahme vor wenigen Wochen zum Teil hieß diskutiert. Die Masten waren sogar Thema auf einem Wagen beim Coburger Faschingsumzug. Ein Künstler hatte einen übergroßen Mast gebaut und so seine Kritik an der Maßnahme zum Ausdruck gebracht. Viele Nutzer fragten in Kommentaren nach dem Sinn der Maßnahme, größter Kritikpunkt waren allerdings die Kosten von rund 12.000 Euro für die zwei Masten auf dem Radweg.
Stadtsprecher Louay Yassin hat die Kommentare und die Diskussion verfolgt und erklärt, jede Drückeranlage, auch für Fußgänger koste eben diese Summe. Die Entscheidung für die zwei Masten sei bereits im vergangenen Jahr im Coburger Stadtrat gefasst worden, noch bevor sich abzeichnete, dass die Stadt finanziell den Gürtel enger schnallen muss. Generell sieht die Stadt die Summe von 12.000 Euro als gut angelegt an, schließlich gehe es um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer.
2023 weniger Verkehrsunfälle mit Radfahrern in Oberfranken
In der in dieser Woche vorgestellten oberfränkischen Verkehrsunfallstatistik für 2023 wurde deutlich, dass die Verkehrsunfälle mit Fahrrädern und Elektrofahrrädern im Vergleich zum Vorjahr abgenommen haben. Laut Polizei Oberfranken seien die Zahlen nach einem deutlichen Anstieg 2022 (1.191) im vergangenen Jahr (1.165) wieder gesunken. Auch gab es 2023 oberfrankenweit weniger Verletzte (1.066) nach Unfällen mit Radlern als im Vorjahr (1.103). 2023 kamen zwei Fahrradfahrer nach Verkehrsunfällen ums Leben, 2022 kam für sechs Menschen in diesem Zusammenhang jede Hilfe zu spät. Bayernweit ist die Zahl der gestorbenen Radfahrer 2023 angestiegen, wie aus der bayerischen Unfallstatistik hervorgeht.
Die zusätzlichen Ampelschalter sollen in Coburg für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen: nicht nur für Radlerinnen und Radler. Auch Fußgänger könnten schließlich die Drücker betätigen und so frühzeitig dafür sorgen, die Straße sicher überqueren zu können, so Stadtsprecher Louay Yassin. Die Stadt sei offen für sachliche Kritik und Anregungen und nehme diese gerne auf.
Polizei fordert gegenseitige Rücksichtnahme
Die Polizei Coburg hat die Kreuzung an der Ehrenburg und die neuen Drückermasten ebenfalls im Blick. Das erste Fazit falle durchweg positiv aus, so Sprecher Stefan Probst. Im Großen und Ganzen habe sich die Stadt Coburg viele Gedanken gemacht und die Maßnahme sei durchaus praktikabel. Allerdings mahnt Probst generell zu gegenseitiger Rücksichtnahme im Verkehr und an der Ehrenburg-Kreuzung zu Vorsicht. Radfahrer sollten an der neu geschaffenen Querung der Straße besonders Fußgängern gegenüber nicht auf ihr Vorrecht pochen.
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