(Symbolbild) Bei einer Messerattacke in Solingen wurden drei Menschen getötet; acht weitere Personen wurden teils schwer verletzt.
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(Symbolbild) Bei einer Messerattacke in Solingen wurden drei Menschen getötet; acht weitere Personen wurden teils schwer verletzt.

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Anschlag in Solingen: Was wir bisher wissen – und was nicht

Der tödliche Anschlag auf ein Straßenfest im nordrhein-westfälischen Solingen hat ganz Deutschland erschüttert. Ein Tatverdächtiger ist gefasst – doch vieles ist noch immer unklar. Was wir zu der Messerattacke bisher wissen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Drei Tote, mehrere Verletze und ein Schock für die nordrhein-westfälische Stadt Solingen. Am Samstagabend wurde ein Tatverdächtiger festgenommen, der die Messerattacke auf das Stadtfest verübt haben soll. Die Bundesanwaltschaft hat nun die Ermittlungen übernommen. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf der Deutschen Presse-Agentur mit. Dabei soll auch wegen des Verdachts einer Mitgliedschaft des Tatverdächtigen in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ermittelt werden.

Viele Fragen sind jedoch bisher ungeklärt: Was war das Motiv des Täters? Welche Rolle spielte der Islamische Staat bei dem Anschlag? Wie konnte der Tatverdächtige letztendlich gestellt werden? Ein Überblick zur bisherigen Faktenlage.

Haftbefehl gegen Tatverdächtigen

Der Tatverdächtige kommt in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe habe Haftbefehl unter anderem wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und wegen Mordes erlassen, teilte die Bundesanwaltschaft am Sonntag mit.

Zuvor war der Tatverdächtige nach Karlsruhe gebracht worden, um einem Ermittlungsrichter beim BGH vorgeführt zu werden. Wegen des mutmaßlichen Terrorbezugs hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen den 26 Jahre alten Syrer übernommen.

Abschiebung im vergangenen Jahr hinfällig

Wie der "Spiegel" berichtete, soll der mutmaßliche Täter ein 26-jähriger Syrer sein, der Ende Dezember 2022 nach Deutschland gekommen sei und in Bielefeld einen Antrag auf Asyl gestellt habe. Dieser wurde abgelehnt – und der Mann sollte eigentlich im vergangenen Jahr gemäß des sogenannten Dubliner Übereinkommens nach Bulgarien abgeschoben werden. Dort war der gebürtige Syrer nämlich in die Europäische Union eingereist.

Da er allerdings in Deutschland zwischenzeitlich untergetaucht sei, sei die Abschiebung vorerst hinfällig gewesen und der Syrer nach Solingen überstellt worden, schrieb die "Welt". Den Sicherheitsbehörden war er demnach bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Informationen wurden ebenso der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. 

Die Flucht und Festnahme: Angreifer stellte sich selbst

Dem mutmaßlichen Täter gelang es nach der Tat, im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik zu entkommen. Im gut besuchten Stadtzentrum verlor sich zunächst seine Spur. Ungeklärt ist, wie er nach dem Anschlag untertauchte – und wo sich der nun gefasste Mann vor seiner Festnahme versteckt hielt. Nach eintägiger Großfahndung stellte sich der mutmaßliche Täter schließlich selbst.

Bekannt ist, dass die Polizei in Solingen eine Flüchtlingsunterkunft durchsuchte. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul sagte, dies sei das Ergebnis von weitergehenden Informationen gewesen. Es gab zunächst keine Informationen zum Ergebnis der Durchsuchung.  

Im Video: NRW-Innenminister Reul zur Festnahme

NRW-Innenminister Reul zur Festnahme
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NRW-Innenminister Reul zur Festnahme

Das Motiv: Ermittler schließen "terroristisch motivierte Tat" nicht aus

Die Polizei hat bislang noch keine Angaben zum Motiv des Mannes gemacht. Die Staatsanwaltschaft sprach vom "Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat". Grund dafür ist aber auch, dass ein anderes Motiv bislang wohl schlicht nicht ersichtlich ist. Ob es sich bei dem Gewaltverbrechen um einen Terroranschlag handelt, ist aufgrund des ungeklärten Motivs noch offen.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beansprucht jedoch den Messerangriff für sich. Der Angreifer habe dem IS angehört und die Attacke, die einer "Gruppe von Christen" gegolten habe, aus "Rache für Muslime in Palästina und anderswo" verübt, hieß es in einer über das IS-Sprachrohr Amak verbreiteten Mitteilung. Die Polizei Düsseldorf hat nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben der Terrormiliz erhalten. Ob es echt ist, müsse noch geprüft werden.

Die Tat: Opfer offenbar zufällig ausgewählt

Laut Polizei schlug der Angreifer am Freitagabend auf dem Stadtfest zur 650-Jahr-Feier von Solingen mit dem Titel "Festival der Vielfalt" zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Nach Angaben der Ermittler scheint der Täter seine Opfer zufällig ausgewählt zu haben. Dem Innenministerium zufolge habe er aber gezielt auf ihre Hälse eingestochen.

Die Stadt Solingen sagte nach dem Anschlag das ursprünglich für drei Tage geplante Fest komplett ab.

Scholz: "Mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgehen"

Kanzler Scholz und andere Spitzenpolitiker zeigten sich erschüttert. Der Kanzler sprach von einem "furchtbaren Verbrechen". "Wir dürfen so etwas in unserer Gesellschaft nicht akzeptieren und uns niemals damit abfinden. Mit der ganzen Härte des Gesetzes muss hier vorgegangen werden", sagte der SPD-Politiker bei einem Termin im brandenburgischen Stahnsdorf. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte gegenüber der Funke-Mediengruppe an, islamistischen Terrorismus "mit aller notwendigen Härte" zu bekämpfen.

Söder fordert Gesetzesverschärfungen

CSU-Chef Markus Söder forderte mehr Befugnisse für die Polizei, um etwa in Fußgängerzonen anlasslos kontrollieren zu können. "Wir haben nicht die richtigen Instrumente, um gegen Gewalt und auf Gewalt zu reagieren", sagte Söder im ARD-"Sommerinterview" laut Vorabmeldung vom Sonntag. "Beim Auto werden Sie nämlich kontrolliert, anlasslos geht das. Bei Fußgängerzonen nicht", sagte Söder. "Die Sicherheitsbehörden arbeiten eigentlich in Deutschland sehr, sehr gut", fuhr der bayerische Ministerpräsident fort. "Man muss ihnen natürlich noch mehr Möglichkeiten geben. Wir müssen ihnen mehr Möglichkeiten geben, eigenständig auch handeln zu können." Es dauere in Deutschland zu lange, bis Maßnahmen umgesetzt würden.

Mit Informationen von dpa

Im Video: Bundeskanzler Olaf Scholz zum Anschlag in Solingen

Bundeskanzler Olaf Scholz zum Anschlag in Solingen
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Bundeskanzler Olaf Scholz zum Anschlag in Solingen

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