Schild vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg.
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Aufnahmestopp für Syrer und Afghanen: Was ist rechtlich möglich?

Aufnahmestopp für Syrer und Afghanen: Was ist rechtlich möglich?

Der CDU-Chef rudert zurück: Nach dem Anschlag in Solingen fordert Friedrich Merz nur noch einen "faktischen Aufnahmestopp" von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan – keinen generellen mehr wie zuerst. Was ist der Unterschied? Und wie kam es dazu?

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Keine 48 Stunden nach dem tödlichen Anschlag in Solingen schlägt Friedrich Merz deutliche Töne an: "Es reicht", sagt der CDU-Chef im "ARD-Brennpunkt". Er fordert, generell keine Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan mehr aufzunehmen. Der Tatverdächtige aus Solingen stammt aus Syrien.

Wenig später werden rechtliche Zweifel laut, ob so ein Aufnahmestopp überhaupt zulässig wäre. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellt im ZDF klar: "Das Individualrecht auf Asyl bleibt erhalten. Das steht in unserem Grundgesetz." In Artikel 16a heißt es dort: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." Dieser Anspruch wird individuell, in jedem Einzelfall vom Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geprüft.

Viele Syrer und Afghanen bekommen kein Asyl

Die meisten Syrer und Afghanen werden allerdings gar nicht als politisch Verfolgte eingestuft. Sie erhalten ganz überwiegend den "subsidiären Schutz". Der gilt für Menschen, denen in ihrer Heimat Todesstrafe, Folter oder willkürliche Gewalt droht. Die Einzelheiten werden im Asylgesetz geregelt und können mit der Mehrheit des Bundestags geändert werden.

Ein kompletter Aufnahmestopp für bestimmte Nationalitäten ist nach Ansicht vieler Fachleute nicht mit dem deutschen Asylrecht und mit europäischen Gesetzen zu vereinbaren. Nur der Staatsrechtler Rupert Scholz als einziger hält das verfassungsrechtlich für "völlig einwandfrei", wie er der "Bild" sagte.

Der 87-Jährige ist emeritierter Professor der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Der CDU-Politiker war unter anderem Verteidigungsminister. Zuletzt äußerte er sich vor allem in umstrittenen Medien wie "Compact" und "Nius". Der Jurist Scholz verweist darauf, dass das Asylrecht unter dem Vorbehalt der inneren Sicherheit stehe. Das stimmt.

Im Audio: Individualrecht auf Asyl ist für Scholz nicht verhandelbar

Bundeskanzler Olaf Scholz
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Bundeskanzler Olaf Scholz

Behörden können Schutz verweigern

Schon jetzt können die deutschen Behörden Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen oder subsidiär Schutzberechtigten einen Aufenthalt in Deutschland verweigern. Als Ausschlussgründe werden in Artikel 4 des Asylgesetzes unter anderem Kriegsverbrechen und schwere Straftaten genannt.

Auch wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Person eine Gefahr für die Sicherheit oder die Allgemeinheit ist, können die zuständigen Behörden einen Schutzstatus in Deutschland verweigern. Allerdings gilt die Regel für den Einzelfall, nicht für eine oder mehrere Nationalitäten.

Die CDU und ihr Chef Friedrich Merz scheinen deshalb auch zurückzurudern. In einem Positionspapier heißt es nun: "Eine Änderung des Asylrechts im Grundgesetz fordern wir nicht." Vielmehr solle die Bundespolizei an den Grenzen Personen ohne Einreiseerlaubnis konsequent zurückweisen. Die CDU nennt das nun einen "faktischen Aufnahmestopp von Asylbewerbern aus Syrien und Afghanistan".

CDU fordert mehr Zurückweisungen an der Grenze

Schon jetzt gibt es Zurückweisungen an der Grenze. Allein zwischen Mitte Oktober 2023 und Jahresende 2023 hinderte die Bundespolizei gut 9.600 Menschen an der Einreise. Wer Asyl beantragt, kann aber bleiben und durchläuft das Verfahren.

In Artikel 16a des Grundgesetzes heißt es, wer aus einem EU-Land einreist, könne sich nicht auf das Recht auf Asyl berufen. Denn die deutschen Nachbarländer gelten als sicher. Auch dort könnten die Flüchtlinge Asyl beantragen.

EU-Asylsystem funktioniert nicht

Ohnehin sind die Länder zuständig, wo die Menschen das erste Mal EU-Boden betreten. Faktisch funktioniert dieses europäische Asylsystem aber seit vielen Jahren nicht mehr. Bis der beschlossene Neustart mit Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen greift, dürfte es noch dauern.

Fazit: Schon jetzt gibt es rechtliche Möglichkeiten, gefährlichen Menschen einen Schutzstatus in Deutschland zu verwehren. Dafür müssen sie aber vor ihrer Einreise auffällig gewesen sein. Von dem Angreifer in Solingen ist das nicht bekannt. Auch die Zurückweisung an der Grenze ist schon jetzt unter bestimmten Bedingungen möglich. Politische Forderungen nach einem Aufnahmestopp dürften also vor allem auf die konsequente Umsetzung der existierenden Gesetze abzielen.

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