Friedrich Merz steht vor zahlreichen Journalisten und lässt sich fotografieren.
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Die Grünen werfen CDU-Chef Merz vor, mit seinen Vorschlägen zur Migrationspolitik zu zündeln.

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Merz' Asylplan: Scholz will Gespräche - Kritik von den Grünen

Merz' Asylplan: Scholz will Gespräche - Kritik von den Grünen

Der Vorstoß von CDU-Chef Merz, das Asylrecht zu verschärfen, stößt bei den Grünen auf scharfe Kritik. Bundeskanzler Scholz kündigte nun Gespräche mit der Opposition an – es soll unter anderem um Rückführungen abgelehnter Asylbewerber gehen.

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Die Grünen haben den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz scharf für seinen Vorstoß kritisiert, gemeinsam mit der SPD das Asylrecht zu verschärfen. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irena Mihalic, erklärte in der "Bild"-Zeitung, dass Merz politisch "zündelt", statt Verantwortung zu übernehmen. "Er operiert mit dem Begriff 'Notlage' und spricht damit gewissermaßen ein Misstrauensvotum gegen unseren demokratischen Rechtsstaat aus, statt ihn gegen seine Feinde zu verteidigen."

Von Notz: "Im Grunde genau das, was die Terroristen wollen"

Der Ton der Debatte müsse sich dringend ändern, sagte Mihalic, "sonst spielen wir am Ende den extremistischen Feinden unseres demokratischen Rechtsstaates in die Hände". Ähnlich argumentierte der Vorsitzende des parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Grüne), im ARD-Morgenmagazin.

Merz' Aussagen würden nicht für mehr Sicherheit, sondern für größere Verunsicherung sorgen. "Das ist im Grunde genau das, was die Terroristen wollen", sagte der Grünen-Politiker. Von Notz betonte, seine Partei sei grundsätzlich bereit, im Kampf gegen den Terrorismus mit der CDU zusammenzuarbeiten. Mit Blick auf den tödlichen Anschlag von Solingen fügte er hinzu: Die islamistische Gefahr sei "eine der relevantesten, die wir derzeit haben".

Lindner: "Dublin-Flüchtlingen keine Sozialleistungen mehr zahlen"

FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich hingegen offen für Merz' Vorschläge. "Die Vorschläge von Herrn Merz zur Migration decken sich stark mit denen der FDP", sagte Lindner der "Bild". Seine Partei schlage zusätzlich vor, "Dublin-Flüchtlingen wie dem Täter von Solingen keine Sozialleistungen mehr in Deutschland zu zahlen, damit diese in das zuständige EU-Land ausreisen". Dublin-Verordnungen regeln, dass der Asylantrag in Europa in dem Land des Erstzutritts gestellt werden müsse.

Scholz: "Individualrecht auf Asyl bleibt"

Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte indes, er will am individuellen Recht auf Asyl nicht rütteln. "Das Individualrecht auf Asyl bleibt erhalten. Das steht in unserem Grundgesetz. Und das wird niemand mit meiner Unterstützung infrage stellen", sagte der SPD-Politiker im ZDF-"heute journal". Scholz erklärte dies wenige Stunden nach einem Gespräch mit CDU-Chef Friedrich Merz.

Scholz will allerdings die bestehenden Kontrollen an den Grenzen zu mehreren Nachbarländern "so lange wie möglich" aufrechterhalten. Sie hätten sich als "sehr effizient" erwiesen. "Wir müssen das immer im Rahmen des europäischen Rechts tun. Aber da kann ich Ihnen versichern, das wird uns schon gelingen", sagte Scholz im ZDF-"heute journal". Seit Mitte Oktober vergangenen Jahres gibt es Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, bereits seit 2015 an der deutsch-österreichischen Grenze.

Forderung vom generellen zum "faktischen" Aufnahmestopp

Vor dem Hintergrund des mutmaßlich islamistischen Anschlags von Solingen vom Freitag mit drei Toten hatte Merz unter anderem zunächst einen generellen Aufnahmestopp von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan gefordert.

Nun spricht Merz nur noch von einem "faktischen Aufnahmestopp", zu dem seine Vorschläge führen würden. "Eine Änderung des Asylrechts im Grundgesetz fordern wir nicht", heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden vierseitigen "Fragen und Antworten"-Papier, das Merz an die Mitglieder des Bundesvorstands seiner Partei nach seinem Treffen mit Scholz verschicken ließ. 

Nach dpa-Informationen hatte der Vorstoß des Parteivorsitzenden auch in der eigenen Reihen für Nachfragen gesorgt, wie ein solcher Aufnahmestopp rechtlich möglich sei.

Nach Solingen: Scholz kündigt Gespräche mit Opposition an

Am Mittwochmittag kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz indes Gespräche mit den Ländern und der Union über die Konsequenzen der Messerattacke an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser werde "sehr zügig jeweils einen Vertreter des Vorsitzes und Co-Vorsitzes der Ministerpräsidentenkonferenz, Vertreter der größten Oppositionspartei und involvierte Bundesressorts zu vertraulichen und zielgerichteten Gesprächen über diese Frage einladen", sagte er nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer in Berlin.

Bei den Gesprächen solle es um die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Herkunftsländer, die Bekämpfung des islamistischen Terrors und das Waffenrecht gehen. Dabei sollten auch Vorschläge von Ländern und Union berücksichtigt werden. 

Merz: Notfalls "nationale Notlage" ausrufen

Merz hatte Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, bei einem Scheitern kurzfristiger EU-Maßnahmen zur Eindämmung illegaler Migration notfalls eine "nationale Notlage" auszurufen. Nach einem Gespräch mit Scholz gab Merz eine Pressekonferenz, in der er indirekt einen Bruch der Ampel-Koalition ins Spiel brachte: Union und SPD könnten auch ohne Rücksicht auf die Koalitionspartner notwendige Gesetze beschließen, um die Migrationssituation in den Griff zu bekommen, so Merz.

SPD-Innenpolitiker Dirk Wiese sieht die Aufforderung zum Koalitionsbruch "doch eher den Wahlen am Sonntag geschuldet", wie er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte. Das werde der aktuellen Aufgabe nicht gerecht. Am Sonntag sind Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen.

Mit Informationen von Reuters, dpa und AFP

Im Video: BR-Korrespondent Björn Dake zu Gesprächsangebot von Scholz an Opposition

BR-Korrespondent Björn Dake zu Gesprächsangebot von Scholz an Opposition
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BR-Korrespondent Björn Dake zu Gesprächsangebot von Scholz an Opposition

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