Es ist ungewöhnlich: Vertreter der Ampel-Regierung, der Union und der Bundesländer sitzen an einem Tisch, um gemeinsam einen Weg zu erarbeiten, irreguläre Migration zu begrenzen. Doch die Gespräche wurden von CDU/CSU abgebrochen. War das ein Scheitern mit Ansage?
Das Hin und Her der Union – nimmt sie am gemeinsamen Gespräch teil oder nicht – hat zunächst diesen Anschein erweckt. Das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition ist von Skepsis und Misstrauen geprägt. Die Union treibt mit dem Thema "Migration" die Ampel-Regierung seit Monaten vor sich her.
Migration: Union kritisiert Ampel-Regierung scharf
Doch vor dem Treffen war auch Hoffnung bei Unions-Politikern zu vernehmen. CDU-Chef Friedrich Merz sagte nach Abbruch der Gespräche: "Wir hatten eigentlich wirklich ernsthaft gehofft, dass wir heute Nachmittag mit der Koalition einen Weg eröffnen können, die unkontrollierte Migration nach Deutschland signifikant zurückzudrängen." Bedeutet: Alles Gesagte reicht der Union nicht aus. Die CDU/CSU-Politiker werfen der Ampel-Koalition vor, dass der politische Wille fehle, die Zahl der Migranten nach Deutschland zu reduzieren.
Knackpunkt rechtliche und politische Hürden
Doch: Was ist der Knackpunkt? Warum kommen Regierung und Opposition nicht zusammen, wo sie doch letztlich das Ziel eint, irreguläre Migration zu begrenzen. Doch beim "Wie" gehen die Meinungen auseinander, im Kern dreht sich alles um rechtliche und politische Fragen. Die Opposition einerseits hält umfassende Zurückweisungen an den deutschen Grenzen für rechtlich möglich – bislang lässt sie offen, wie konkret das aussehen kann. Nachbarländer wie Österreich und Polen sind alarmiert, kritisieren die Idee scharf.
Die Ampel-Regierung unterstreicht hingegen, dass sie sich an geltendes europäisches Recht halten will: "Man kann von einer Bundesregierung nicht erwarten, dass sie sich gegen Recht stellt", so Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Die Fronten zwischen Opposition und Regierung: verhärtet.
Den Abbruch der Gespräche führt die Union auf Unstimmigkeiten in der Ampel-Regierung zurück: "Das ist die Realität dieser Ampel und der Entscheidungsfähigkeit von drei Koalitionspartnern, die immer weniger zusammenfinden", so Merz, der den Bundeskanzler scharf kritisiert und davon spricht, die Regierung sei "führungslos". Ähnlich scharf fällt auch die Kritik von CSU-Landes-Gruppenchef Alexander Dobrindt aus.
Im Video: Alexander Hoffmann (CSU) zum Abbruch des Migrationsgipfels
Dublin-Schnellverfahren: Ampel-Regierung geht in die Offensive
Doch die Regierung kontert: "Offensichtlich waren einige Herren überrascht, dass wir im Team spielen", sagt Außenministerin Baerbock (Grüne). Nach den gescheiterten Gesprächen mit der Union tritt sie gemeinsam mit Bundesinnenministerin Faeser (SPD) und Bundesjustizminister Buschmann (FDP) betont geschlossen bei einer Pressekonferenz auf.
Der Vorschlag der Regierung bei der Begrenzung irregulärer Migration: bestehendes Recht besser umsetzen. "Wir brauchen effektive Zurückweisungen an den Außengrenzen", so Faeser. Konkret geht es um schnellere Verfahren von sogenannten Dublin-Fällen – also Asylsuchende, für die bereits ein anderer EU-Staat zuständig wäre. Innenministerin Faeser spricht davon, dass diese Prüfung innerhalb von Wochen abgeschlossen sein soll – im Idealfall in fünf Wochen.
Die ohnehin schon geforderte Bundespolizei soll nach diesem Modell noch mehr Aufgaben erhalten, um Daten abzugleichen und zu prüfen, ob ausreichen Haftplätze vorhanden sind. Denn: Zurückweisungen scheitern unter anderem auch daran, dass Betroffene untertauchen – so war es auch beim Attentäter von Solingen. Das soll vermieden werden.
Regierung auf Zusammenarbeit mit Bundesländern angewiesen
Doch das Modell der Bundesregierung lässt weiter viele Fragen offen: Reicht das Personal der Bundespolizei? Braucht es zusätzliche Dolmetscher? Können Gerichte Klagen schneller prüfen? Der Vorschlag wird sich in der Praxis beweisen müssen.
Die Ampel-Regierung betont: Sie verfolge weiter ihre Pläne. Die Union braucht sie hierfür zunächst nicht. Auf die Zusammenarbeit der Unions-geführten Bundesländer ist die Ampel jedoch angewiesen. Deshalb appellieren die Regierungs-Vertreter auch an die Union: Die Tür für weitere Gespräche sei offen.
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