Die Bundesregierung will die Prüfung von Asylverfahren in Ländern außerhalb der Europäischen Union fortsetzen und dazu bis Dezember konkrete Ergebnisse vorlegen. Das ist das Ergebnis eines Treffens von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder in Berlin. Der Kanzler sagte nach dem neuerlichen Spitzentreffen am späten Donnerstagabend: "Es ist fest vereinbart, dass wir den Prozess fortführen und in diesen Fragen auch weiter berichten werden." Gleichzeitig dämpfte Scholz mögliche Erwartungen.
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Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zu den rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für Asylprüfungen in Drittstaaten Stellungnahmen von Experten eingeholt. Zur Frage, welche Möglichkeiten es gibt, sagte Scholz: "Ich glaube, das ist zu früh."
Modell Italien - Albanien?
Ein Modell wie von Italien vorgesehen, mit einer Verlagerung der Asylverfahren für Geflüchtete nach Albanien, komme angesichts der anderen geografischen Lage für Deutschlands so nicht infrage, sagte Scholz. Das Gleiche gelte für das britische Modell, wo Geflüchtete nach Ruanda geflogen werden sollen. Bei diesen Ländern gehe es um 3.000 beziehungsweise 6.000 Betroffene. Mit der Größenordnung, die Deutschland bewältigen müsse, habe das "nur ein bisschen was zu tun". Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), sagte: "Wir werden jetzt nicht bei Gutachten stehen bleiben, das begrüße ich sehr."
Auf Initiative der Union hatten sich die Ministerpräsidenten vor ihrem Treffen mit Scholz auf einen Beschluss geeinigt, in dem die Bundesregierung dazu aufgefordert wird, "konkrete Modelle" für Asylverfahren in Drittstaaten oder Transitländern vorzulegen. Die SPD-Seite zeigte sich trotzdem skeptisch, dass man mit einer solchen Regelung die irreguläre Einwanderung deutlich bremsen kann. "Dass das eine Lösung unserer strukturellen Probleme sein wird, das glaube ich nicht", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.
Scholz sagte, die Bundesregierung werde zudem die Abschiebungen von Schwerkriminellen und "Gefährdern" auch nach Afghanistan und Syrien vorantreiben. Die Bundesinnenministerin habe dazu schon Gespräche aufgenommen, man sei dort "auf einem guten Weg".
Söder unzufrieden mit Ergebnissen der MPK
Bayern und Sachsen (beide unionsregiert) waren bereits die Länder-Beschlüsse nicht weit genug gegangen. Sie legten einen Fünf-Punkte-Plan vor, der unter anderem die Forderung nach einem "Sofort-Arrest" für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder enthält, die nicht abgeschoben werden können. Die Union dringt seit Langem auf eine Regelung, nach der Migranten entweder schon auf ihrem Weg nach Europa in Transitstaaten Asylverfahren durchlaufen oder nach Ankunft in Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU geschickt werden.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte sich am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz im Interview mit BR24 (BR Fernsehen). In der zögerlichen Haltung der Bundesregierung bezüglich der Asylpolitik sieht er eine Gefahr für die Demokratie. "Viele Deutsche empfinden das Thema Migration als eine der größten Herausforderungen und erwarten sich bei der Zuwanderung ein entschlossenes, vernünftigeres und konsequentes Handeln, insbesondere was die Abschiebungen betrifft." Wenn die Bundesregierung nicht entschlossener gegen die Überforderung der Gesellschaft durch die Einwanderung vorgehe, könne das von Parteien wie der AfD ausgenutzt werden. Bei der Zuwanderungspolitik laufe Deutschland die Zeit davon, so Söder.
Er fordert deshalb ein klares Verfahren für Zurückweisungen an den Grenzen, einen Sofortarrest für Gefährder und Abschiebungen von schweren Straftätern auch in Länder wie Syrien und Afghanistan. Asylverfahren in Drittstaaten wie Albanien einführen befürwortet er und regt eine Zusammenarbeit mit Italien an. Wenn der politische Wille vorhanden sei, wäre das laut Söder rechtlich machbar.
Bezahlkarte: Nicht mehr als 50 Euro Bargeld im Monat
Bei der geplanten Bezahlkarte für Asylbewerber einigten sich die Länder darauf, die Auszahlung von Bargeld auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen. Rhein sprach von einem wichtigen Zeichen. Die Bezahlkarte solle ab dem Sommer an den Start gehen, wenn die Ausschreibung für den Dienstleister beendet sein wird. 14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte geeinigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Bremen und Thüringen schlugen allerdings in einer Protokollerklärung statt monatlich 50 Euro bar einen "Bargeldkorridor von 50 bis 120 Euro" wegen unterschiedlicher regionaler Voraussetzungen vor.
Mit Informationen von dpa
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