Nach dem Zerbrechen der Ampel-Koalition hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier alle politisch Handelnden zu Vernunft aufgerufen. "Es ist nicht die Zeit für Taktik und Scharmützel", sagte er auch mit Blick auf den Wahlausgang in den USA. "Es ist die Zeit für Vernunft und Verantwortung. Ich erwarte von allen Verantwortlichen, dass sie der Größe der Herausforderungen gerecht werden."
Steinmeier betonte, die deutsche Demokratie sei stark. "Das Ende einer Koalition ist nicht das Ende der Welt. Es ist eine politische Krise, die wir hinter uns lassen müssen und werden." Das Grundgesetz gebe klare Vorgaben für das weitere Verfahren. Er als Bundespräsident werde über die Auflösung des Bundestags zu entscheiden haben. "Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit." Das Land brauche stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. "Das wird mein Prüfungsmaßstab sein", sagte Steinmeier.
Union will Neuwahlen so schnell wie möglich
Die Diskussion um den richtigen Zeitpunkt für Neuwahlen ist längst in vollem Gange: Die Unionsfraktion um Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Ampel-Bruch aufgefordert, spätestens nächste Woche die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen – und nicht wie von Scholz angekündigt bis Januar zu warten. Er werde heute sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bitten, den Weg dafür freizumachen, sagte Merz.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) macht Druck: "Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden. Deutschland braucht rasch Neuwahlen und eine neue Regierung", forderte Söder. Die CSU will laut ihm Vorhaben der rot-grünen Minderheitsregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nur sehr begrenzt mittragen. Man wolle mit Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl ziehen, erklärte Söder.
Vertrauensfrage im Januar: Scholz will weiter an Zeitplan festhalten
Der Kanzler hingegen hält an seinem Zeitplan für die kommenden Monate fest. Er werde nun das tun, was für das Land notwendig sei, sagte Scholz. Die Regierung werde auch in den kommenden Wochen und Monaten ihre Arbeit machen. Neuwahlen wären dann Ende März möglich.
Inzwischen folgen der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zahlreiche weitere personelle Konsequenzen. Unter anderem tritt Bundesverkehrsminister Volker Wissing aus der FDP aus, bleibt aber Minister. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) geben ihr Amt auf. Der Kanzlerberater Jörg Kukies wird neuer Finanzminister.
BDI-Chef Russwurm: Schnellstmöglich neue Bundesregierung
Industriepräsident Siegfried Russwurm forderte rasch stabile Verhältnisse. "Angesichts der weltpolitischen Lage und der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Standorts Deutschland brauchen wir jetzt so schnell wie möglich eine neue, handlungsfähige Regierung mit eigener parlamentarischer Mehrheit", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). "Anhaltende Unsicherheit, wer Deutschland mit welchem Programm regiert, schadet dem Land und dem Wirtschaftsstandort."
Mit Informationen von KNA, dpa und AFP
- Zum Hintergrund auf tagesschau.de: Nach Bruch der Ampelkoalition: Diese Projekte will Scholz noch durchbringen
BR24live im Video: Aus für die Ampel – was passiert jetzt?
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