Die Recherche von report München hat viele zum Schmunzeln gebracht: Mit einem "Leberkäsetest" enttarnten Reporter falsche Werbeversprechen. Unter dem Namen "Bioscan" hatte eine Firma aus Pliezhausen bei Stuttgart ein Gerät in den Umlauf gebracht, das binnen Sekunden über 180 relevante Gesundheitsdaten liefern sollte.
Das Versprechen: Dank dieses Testgerätes könnten aufwändige Bluttests und Untersuchungen vermieden werden. Mit angeblichen Messungen im Magnetfeld des Körpers sollten Informationen beispielsweise über den Zustand der Organe geliefert werden, aber auch zum Herz-Kreislaufsystem oder den Vitamin- und Mineralstoffhaushalt des Körpers.
Messungen in Reformhäusern und Praxen
Das Gerät war ein Verkaufsschlager. Sogar die Reformhauskette "Vitalia" bot bundesweit Tests unter dem Slogan "Gesundheit ist messbar" an. Während "Vitalia" nach der Berichterstattung von report München die Tests zurückzog, lief das Geschäft mit den angeblichen Gesundheitsmessungen bei Heilpraktikern, in Drogerien, Apotheken und sogar bei Ärzten weiter.
Dabei hatte report München schon 2018 nachgewiesen, dass die Werbebotschaften für diese Geräte nicht stimmen: Denn der "Bioscan" lieferte Ergebnisse – egal, ob ein Mensch an das Gerät angeschlossen war oder ein Leberkäse. Das Gerät, so die Recherche, lieferte unterschiedliche Ergebnisse für dieselbe Person, je nachdem welches Alter angegeben wurde. Schließlich nahm die Staatsanwaltschaft Tübingen Ermittlungen auf und klagte Geschäftsführer der Herstellerfirma wegen Betruges und Verstoßes gegen das Arzneimittelwerbegesetzes an. Der Verdacht: Es werde keine wirklichen Messungen durchgeführt, sondern von einem Computerprogramm Gesundheitswerte ausgegeben, die je nach Alter variierten.
Verurteilung wegen Betrugs und Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz
In einem ersten Prozess im Mai 2022 verhängte das Schöffengericht am Amtsgericht Reutlingen Strafen, gegen die die beiden angeklagten Geschäftsführer Berufung beim Landgericht Tübingen einlegten. Nun wurde im Berufungsprozess das Urteil leicht abgemildert: Die Angeklagten erhalten Haftstrafen auf Bewährung. Außerdem ordnete das Gericht die Einziehung von 4 Millionen Euro als Wertersatz für Taterträge an. Die Angeklagten hatten laut einem Gerichtssprecher zuvor Geständnisse abgelegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten haben Revision eingelegt.
Keine Messung nachweisbar
In der Sache hat das Landgericht die Einschätzung des Amtsgerichtes Reutlingen bestätigt. Die Geräte geben keine verlässlichen Aussagen über medizinisch wichtige Gesundheitsdaten. Das bestätigt die Recherchen von report München und des Münchner Allergologe Prof. Walter Dorsch. Er testete zusammen mit seinem Kollegen Dr. Andreas Kolt verschiedene Geräte und veröffentlichte die Ergebnisse 2019 in einer Fachzeitschrift.
Die Geräte lieferten damals zahlreiche Gesundheitsdaten nicht nur für Menschen, sondern auch für Leberkäse, einen nassen Lappen und sogar für eine Leiche. Die Ergebnisse waren offenbar willkürlich, bescheinigten schwerkranken Patienten eine gute Gesundheit und einem Leberkäse Probleme mit der Prostata.
Signalwirkung für Alternativmedizin
Mit Messungen im Informationsfeld des menschlichen Körpers und angeblichen Heilmethoden, die sich auf diese Theorie stützen, werben viele Anbieter. Ähnliche Geräte werden, unter verschiedenen Namen, zu Preisen teilweise weit über 10.000 Euro angeboten. Auch in der Tiermedizin werden Bioscanner gerne eingesetzt.
Allergologe Walter Dorsch, der den "Bioscan" mit seinem Leberkäsetest überführt hat, zeigt sich erleichtert über das Urteil: "Ich bin froh, dass Patienten künftig vor einem solchen Humbug geschützt sind."
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