Die Schlagzeilen dieser Tage haben es in sich: Krieg, Energiekosten und Preiserhöhungen bei Unternehmen und Handwerk. Auch beim Thema Bier ist das nicht anders. Und so vergeht kein Tag ohne eine neue Hiobsbotschaft: "Fränkisches Bier – größter Preisanstieg seit Jahrzehnten" heißt es da. Oder: "Kostet die Halbe bald 7 Euro 50?"
Was genau steckt dahinter? Wie sieht es bei den Brauern derzeit aus – vor allem bei den vielen kleineren und mittelständischen Betrieben, die unsere Bierlandschaft so sehr prägen?
Typisches Beispiel: Die Brauerei Erharting
Eine solche Brauerei steht in Erharting, einer nicht ganz 1000 Einwohner zählenden Gemeinde im Landkreis Mühldorf. Gegründet wurde die Brauerei im 19. Jahrhundert von der Gastwirtin Anna Liebhart. Sie kaufte in Mühldorf eine Brauerei und übertrug das Braurecht ins acht Kilometer entfernte Erharting. Sohn und Schwiegertochter bauten daraufhin 1872 die Brauerei. Geführt wird diese heute in vierter Generation von den zwei Schwestern Amelie und Marlis Röhrl.
Kosten steigen überall
Als wir ins Vorzimmer der Brauerei kommen, ist Marlis Röhrl noch in ihrem Büro am Telefon und scheint zu verhandeln – es geht um eine Bestellung Etiketten, wie sie später erklärt. Die kauft die Brauerei immer für ein, zwei Jahre im Voraus in großer Menge – so kriegt sie bessere Preise. Jetzt muss Nachschub her. Bei zwei Millionen Etiketten ist der Preis noch immer besser als bei der Abnahme kleinerer Mengen. Gut ist er längst nicht mehr.
"Bei den Etiketten", sagt Marlis Röhrl, "werden wir wahrscheinlich mit 45 Prozent Mehrpreis rechnen müssen als bei der letzten Bestellung." Darin, sagt sie, stecke ein Energiekostenzuschlag des Lieferanten von 30 Prozent.
Kein Einzelfall. Die hohen Energiekosten schlügen überall zu Buche, sagt Marlis Röhrl: "Hauptsächlich sind natürlich die energieintensiven Produkte teurer geworden. Die landwirtschaftlichen Produkte werden auch teurer, schlagen aber nicht so durch wie die anderen Geschichten, wie CO2, Flaschen, Kästen, Glas. Das ist deutlich mehr angestiegen."
Manche Kosten verdoppelt und verdreifacht
Wie vielen anderen Branchen machen auch den Brauern stark erhöhte Herstellungskosten zu schaffen: So stiegen die Energiepreise im Vergleich zum Vorjahr um das Doppelte bis Dreifache, der Preis für Malz um 90 Prozent, für Hopfen um 30 Prozent, für Flaschenglas um 70 Prozent und für Kronkorken um 120 Prozent. Der Preis für Kohlensäure erhöhte sich in den letzten drei Jahren sogar um 300 Prozent: von 250 Euro pro Tonne auf mittlerweile 650 Euro.
Die Kleinen trifft es härter als die Großen
Diese Kostenbelastung sei absolut untragbar für die 650 Unternehmen im Freistaat, heißt es beim Bayerischen Brauerbund, besonders für die kleinen. Zwar seien die Fixkosten, etwa für Hopfen, Malz oder Flaschen, für alle gleich, so Geschäftsführer Walter König, für andere Kosten gelte das aber nicht: "Zum Beispiel die Energiekosten, eben hauptsächlich auch die Personalkosten oder die Umlegung von Abfüllkosten oder Vertriebskosten. Die sind kleiner je Hektoliter, je größer eine Brauerei ist. Und da haben die kleinen Betriebe, die in Bayern ja den Großteil ausmachen, einfach dann Nachteile."
Brauer bleiben auf den Kosten sitzen
Fatal für viele Unternehmen sei, dass sie die Kostensteigerungen nicht annähernd an die Kunden weitergeben könnten. Das gelte vor allem für Brauereien, die eine Größe erreicht hätten, wo der Absatz auch über den Handel erfolgen müsse, so Walter König: "Dann wird es schwierig: In dieser Zeit, in der die Kosten in allen Bereichen steigen, sieht sich der Handel schon sehr als Anwalt des Verbrauchers und versucht, die Preissteigerungen von der Produktionsseite abzublocken. Das heißt, die Durchsetzung von notwendigen Preiserhöhungen beim Handel ist ganz, ganz schwer."
"Leben von der Substanz"
Viele Unternehmen, heißt es beim Brauerbund, lebten mittlerweile von der Substanz. Da werde mal ein Feld verkauft, mal ein Wald oder ein Gastronomieobjekt, das man in besseren Zeiten erworben habe. Aber, so Brauerbund-Geschäftsführer König: "Das kann ja nicht die Lösung sein. Von der Substanz leben, funktioniert auf Dauer nicht."
Alternative Energieversorgung fördern
Von der Politik fordert König finanzielle Anreize und eine zügige Genehmigung von Biogas- und PV-Anlagen, Hackschnitzelfeuerung und anderen Energieformen, die die Brauer unabhängiger vom Gaspreis machten: "Das sind viele Unternehmer, die jetzt auch bereit sind, eben hier zu investieren, in alternative Energiequellen – Strom, Gas ersetzen, selber produzieren. Und finanzielle Anreize in Form von Förderungen wären natürlich hier notwendig und vor allem die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen."
Die Halbe für 7,50 Euro?
Auch wenn sie nicht klagen, sondern einfach weitermachen: Unterstützung wäre natürlich willkommen, heißt es auch bei Amelie und Marlis Röhrl von der Brauerei Erharting. Den Preis pro Kasten erhöhen sie gerade um 1,50 Euro. Wer sein Bier im Wirtshaus trinkt, für den wird es natürlich noch teurer. Schließlich kämpfen auch die Wirte mit steigenden Kosten. Dass die Halbe bald 7,50 Euro kosten wird, wie es jüngst in einer Schlagzeile hieß, das glauben aber weder die Schwestern Röhrl noch der Brauerbund. Doch teurer wird es werden. Das ist keine Frage.
- Zum Artikel: Trotz Preisbremse - Warum steigen die Energiekosten?
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