Eine junge Frau mit Kopftuch gibt in einem Wahllokal ihre Stimme ab.
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Rund 12 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland haben eine Einwanderungsgeschichte. Wie werden sie abstimmen?

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Studie: So wählen Menschen mit Einwanderungsgeschichte

Studie: So wählen Menschen mit Einwanderungsgeschichte

Rund zwölf Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Was ist dieser Wählergruppe wichtig? Wem werden sie bei der Wahl am 23. Februar ihre Stimme geben? Die Antworten hat eine Studie.

Über dieses Thema berichtet: Das interkulturelle Magazin am .

Mehr als sieben Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte können bei der Bundestagswahl ihre Stimme abgeben. Das sind 12 Prozent der Wahlberechtigten. Die größten Gruppen mit jeweils rund einer Million kommen aus Polen, Kasachstan und der Türkei. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung in Berlin (externer Link) hat jetzt untersucht, was diese Menschen umtreibt – und wen sie wählen werden.

Diese Themen treiben Zuwanderer besonders um

Das wichtigste Thema für alle Zuwanderer: Wirtschaft/Inflation, gefolgt vom Thema sozialer Zusammenhalt. Menschen mit türkischen Wurzeln nannten zu 14 Prozent der Befragten den Rechtsextremismus als wichtigstes Thema.

Zugleich stellte die Studie fest, dass sich Menschen mit Einwanderungsgeschichte besonders viele Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation, ihre Wohnsituation, die Altersvorsorge oder Kriminalität machen. Wenn Parteien in dieser Wählergruppe Erfolg haben wollten, sollten sie also sozialpolitische Themen wie Wohnen oder Rente in den Vordergrund stellen, so Studienautorin Sigrid Römer.

SPD, Linke und BSW mit hohem Wählerpotenzial

Für die Studie konnten die Befragten auf einer Skala von 1 bis 7 angeben, welche Parteien ihnen sympathisch sind. Auch mehrere Parteinennungen waren möglich.

"Viele Menschen können sich vorstellen, die SPD zu wählen", berichtet Sigrid Römer, eine der Autorinnen der Studie. Die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) habe zudem hohes Wählerpotenzial bei Zuwanderern aus der Türkei und arabischsprachigen Ländern. Die Grünen wiederum seien bei Wählerinnen und Wählern aus Post-Sowjet-Staaten weniger beliebt als in anderen Gruppen.

Knapp 30 Prozent können sich vorstellen, bei der AfD ihr Kreuz zu machen. Über 70 Prozent schließen eine Wahl der AfD aus. Und: Bei allen Gruppen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte bekommt die AfD insgesamt am wenigsten Zustimmung.

Vertrauen in Parteien ist gering

Allerdings ist das Vertrauen in die Parteien, die Probleme in der Gesellschaft zu lösen, bei Zuwanderern deutlich niedriger als bei Deutschen. Yunus Ulusoy, Wissenschaftler am Zentrum für Türkeistudien in Essen und selbst Kind türkischer Eltern, wundert das nicht.

"Die deutsche Politik schafft es nicht, den neu zugewanderten Menschen oder Menschen, die in Deutschland seit mehreren Generationen leben, das Gefühl zu vermitteln, sie gehören dazu", meint Ulusoy. "Stattdessen werden immer wieder die Defizite in den Vordergrund gestellt." Viele Zuwanderer verspürten Distanz zu politischen Parteien und gingen daher seltener zur Wahl.

Begriff "Remigration" motiviert zur Wahl

Am 23. Februar, glaubt der Nürnberger Stadtrat Cengiz Sahin (Grüne), werden mehr türkischstämmige Zuwanderer als bisher zur Wahl gehen.

"Allein dieses Wort 'Remigration' putscht schon auf. Ich spüre, dass das viele Menschen stört, die sagen, wir haben das Land hier gemeinsam aufgebaut, wir haben viel für die Gesellschaft getan, wir können das nicht so hinnehmen."

Sahins Stadtratskollege Ümit Sormaz (FDP) hofft, dass sich die Politik im Wahlkampfendspurt auch anderen Themen widmet. Die Lage der Wirtschaft interessiere die türkische Community mehr als das Thema Migration.

Migrationsdebatte schädlich für Gesellschaft

Die aufgeheizte Debatte über Migration ist aus Sicht von Ümit Sormaz schädlich für die Gesellschaft. In Nürnberg etwa hätten mehr als 50 Prozent der Bewohner eine Einwanderungsgeschichte. "Durch die aktuelle Diskussion wird auch bei uns die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben", meint er. Auch deshalb will sein Stadtratskollege Cengiz Sahin bewusst keine Briefwahl machen, sondern mit seiner Familie geschlossen ins Wahllokal gehen, "damit auch die Nachbarn sehen: Wir gestalten die Gesellschaft gemeinsam und beteiligen uns an diesem demokratischen Prozess".

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