"Selbstverständlich kann man das reformieren" – mit diesem Satz, ausgesprochen beim Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung [externer Link] in dieser Woche, sorgte Friedrich Merz für Verblüffung. Der CDU-Parteivorsitzende und Unions-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl formulierte diese Reformbereitschaft mit Blick auf die Schuldenbremse im Grundgesetz.
Bisher war dieses Instrument für Merz unantastbar. Er verband den Satz über das Reformieren nun auch mit bestimmten Voraussetzungen: "Was ist das Ergebnis einer solchen Reform?", fragte Merz und er fuhr fort, wenn das Ergebnis sei, dass noch mehr Geld für Konsum und Sozialpolitik ausgegeben werde, laute seine Antwort "Nein". Trotz dieser Einschränkung wurde die Merz-Aussage als Anzeichen einer möglichen Positionsänderung beim Thema Schuldenbremse gewertet.
Lob von der politischen Konkurrenz
SPD und Grüne sind schon länger für Änderungen bei der Schuldenbremse, die Bund und Ländern enge finanzielle Vorgaben in der Haushaltspolitik macht. Die FDP war strikt gegen Änderungen. Der Streit über die Schuldenbremse gilt als einer der Gründe für das Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition. Die SPD griff die Aussage von Friedrich Merz zu einer möglichen Reform sofort auf. Generalsekretär Matthias Miersch bot Merz an, die Schuldenbremse weiterzuentwickeln. Frank Werneke, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, nannte die Merz-Äußerung "die Einsicht in das Notwendige".
Kritik an Schuldenbremse auch aus CDU
Auch in Merz’ eigener Partei wird über den Kurs beim Thema Schuldenbremse schon länger diskutiert. Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU steht hinter dem bisherigen Kurs des Parteichefs und lehnt Änderungen ab. Diese Position vertritt auch CSU-Chef Markus Söder.
Mehrere CDU-Ministerpräsidenten dachten dagegen laut über eine Reform nach. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner gilt schon lange als Befürworter eines Kurswechsels. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, klagte über den durch die Schuldenbremse eingeschränkten finanzpolitischen Spielraum und Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff mahnte die Notwendigkeit von Investitionen an.
Für Änderungen bei der Schuldenbremse ist allerdings eine Grundgesetzänderung nötig und dafür braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Ob CDU/CSU, SPD und Grüne nach der Wahl eine solche Mehrheit stellen können, ist unsicher.
Reform nach Wahl?
Infrastruktur, Wachstumsimpulse, Bundeswehr-Ausstattung, Ukraine-Unterstützung – nur einige Punkte, bei denen die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form große Investitionen in einer auch weiter angespannten Haushaltslage erschweren beziehungsweise unmöglich machen könnte.
Wenn die Union die nächste Regierung führt und Investitionen im großen Rahmen auf den Weg bringen möchte, könnten Änderungen nötig werden. Jetzt allerdings will die CDU keine interne Diskussion über das Thema führen. Generalsekretär Carsten Linnemann beeilte sich, die Äußerungen seines Parteichefs einzuordnen. Die CDU stehe ohne Wenn und Aber zur Schuldenbremse, bekräftigte Linnemann.
Im Video: POSSOCH klärt - Deutschland im Sanierungs-Stau: Muss die Schuldenbremse weg?
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