Johanna von Koczian: Großes Kino und ein bisschen Haushalt
Ihre Traumrolle: eine Frau, die einen Mann spielt, der eine Frau spielt. Dass "Viktor und Viktoria" –Remake eines Films von 1933, ihrem Geburtsjahr – 1957 erneut funktionierte, lag auch an Koczians (um im Sprachklang der Zeit zu bleiben) femininer Eleganz und burschikosem Witz. Die in Berlin geborene Tochter einer österreichischen Filmfamilie wurde dann leider doch keine deutsche Audrey Hepburn oder Julie Andrews (welche 1982 Koczians Part im Hollywoodhit "Victor/Victoria" übernahm).
Stattdessen bleibt Koczian für einen Schlager in Erinnerung, dessen Titel seit 1977 zum Stoßseufzer genervter Hausfrauen wurde: "Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann". Kurz zuvor war das 1900 eingeführte deutsche Eherecht entstaubt und die "Hausfrauenehe" durch das "Partnerschaftsprinzip" abgelöst worden. Jetzt durften Frauen nach der Heirat ihren Namen behalten und ohne Zustimmung des Gatten außer Haus arbeiten. Geschrieben haben den Song allerdings zwei Männer, produziert hat Koczians Ehemann. "Und was mein Mann sagt, stimmt haargenau / Ich muss das wissen, ich bin ja seine Frau".
Alexej Nawalny: Tod am Polarkreis
Das Gesicht der russischen Opposition bot Putin die Stirn, mit tödlicher Konsequenz: Nawalny starb in einem Straflager hinterm Polarkreis – aus "ungeklärten Gründen". Beharrlich hatte der Rechtsanwalt und Blogger Korruption und Bereicherung russischer Politiker angeprangert, Putins Autokratie und den Krieg gegen die Ukraine kritisiert.
Im August 2020 überlebte Nawalny in Sibirien einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok, wurde nach Berlin ausgeflogen und in der Charité behandelt. Bei seiner Rückkehr nach Moskau im Januar 2021 kam er noch am Flughafen in Haft. Zuletzt war er 2023 wegen angeblichem Extremismus zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Seine Frau Julia Nawalnaja kämpft vom Exil aus weiter für seine Ideen.
Alice Munro: Eiskunstläuferin auf Papier
Geboren wurde die kanadische Schriftstellerin auf einer Silberfuchsfarm in der kanadischen Provinz Ontario. Schon als Mädchen liebte sie es, zu fabulieren, doch ihren ersten Erzählband "Tanz der seligen Geister" veröffentlichte Munro erst 1968 mit fast 40 Jahren.
In den Jahrzehnten danach perfektionierte sie das Genre der Kurzgeschichten, bis sie 2013 den Literaturnobelpreis erhielt. Leicht fiel der Autorin, die zuletzt an Demenz erkrankt war, das Schreiben nie – sie verglich es mit Eiskunstlauf: "Wenn dir heute eine schöne Drehung gelingt, heißt das nicht, dass du’s auch morgen schaffst."
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Ruth Maria Kubitschek: Servus, Spatzl
In Bayern bleibt sie wohl immer dem Monaco Franze sein "Spatzl". Dabei war Ruth Maria Kubitschek in ihrer gut 60-jährigen Karriere in über 160 Film- und Fernsehproduktionen zu sehen – Tatort, Traumschiff, Guldenburgs.
Das "Spatzl" war ein Zugvogel. Die Flugbahn verlief Ost-West, von einem Dorf in Böhmen über die DDR mit Zwischenstopps – dem längsten in München – ans Schweizer Ufer des Bodensees. Bis ins Alter war sie unterwegs und vor vielen Kameras präsent. "Ich wundere mich selbst, dass ich mit 80 mehr schaffe als mit 40", sagte Kubitschek damals.
2016 starb nach 40 gemeinsamen Jahren ihr Lebensgefährte, "Traumschiff"-Erfinder Wolfgang Rademann. Diesen Sommer ist das Spatzl ihm mit 92 Jahren hinterhergeflogen.
Klaus Töpfer: Der R(h)einspringer
Töpfers Tod ruft in Erinnerung, wie lange es oft braucht, bis Einsichten einzelner ins Handeln der Mehrheit übergehen. Der Niederschlesier war von 1987 bis 1994 Deutschlands zweiter Umweltminister – der erste mit nachhaltigem Effekt: Früh thematisierte Töpfer den Klimawandel, forderte 1988 eine Zukunft mit weniger fossilen Energien und ohne Atomstrom. Im selben Jahr sprang er vor Kameras von einem Polizeiboot in den Rhein – ein Wetteinsatz und der Nachweis, dass der ehedem trübe Nationalfluss wieder beinahe Badequalität hatte.
Später machte er als Bauminister bei der UN-Habitat-Konferenz Eindruck, wurde Direktor des UN-Umweltprogramms – engagiert, aber zunehmend pessimistisch. Über die Effektivität von Konferenzen spottete er, sie stehe in umgekehrt proportionalem Verhältnis zur Zahl ihrer Teilnehmer – was die COP29 in Baku sechs Monate nach Töpfers Tod bestätigte.
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