In den sozialen Netzwerken verloste Markus Söder im Markus-Söder-Weihnachtspulli mehrere Markus-Söder-Weihnachtskugeln oder riesige Markus-Söder-Lebkuchen. Auf dem CSU-Parteitag standen Delegierte Schlange für den "Söder-Kebab", beim politischen Gillamoos kam Markus Söder zum Gesang von Markus Söder auf die Bühne (eine Aufnahme aus der ARD-Sendung "Inas Nacht").
Es gibt in der CSU zwar auch andere namhafte Politiker – von Landtagspräsidentin Ilse Aigner über Minister wie Joachim Herrmann und Markus Blume bis hin zum Europapolitiker Manfred Weber und zum Fraktionschef Klaus Holetschek. Und doch erinnerte die CSU im Jahr 2024 häufig an eine One-Man-Show: Fast alles drehte sich um den Parteivorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten.
Söders PR-Offensive
Söders PR-Offensive 2024 sucht im deutschen Politikbetrieb ihresgleichen. Bei "Inas Nacht" sang er einen Freddy-Quinn-Klassiker, bei "Markus Lanz" fachsimpelte er über Fußball. Im Stockholmer ABBA-Museum wiegte er zu "Dancing Queen" die Hüften, in China busselte er einen Plüsch-Panda, in Ägypten posierte er mit Kamel. Alles zu sehen auf Söders Social-Media-Kanälen – neben politischen Botschaften und Bratwurst-Fotos. Seine Reden und Interviews waren gekennzeichnet von harscher Kritik an den Grünen, Forderungen nach einem harten Asylkurs und einer Rückkehr zur Atomkraft.
Monatelang gelang es Söder, sich als potenzieller Unions-Kanzlerkandidat im Gespräch zu halten. Doch die "Söder"-Rufe aus der CDU blieben aus. Er musste das Feld Friedrich Merz überlassen.
Bezahlkarte, Gendersprache und Cannabis
In der Landespolitik trieb Söder die Umsetzung von Versprechen aus dem schwarz-orangen Koalitionsvertrag voran und untermauerte dabei das konservative Profil der Staatsregierung. Eine Bezahlkarte für Flüchtlinge wurde eingeführt, "Gendersprache" an Schulen und Hochschulen verboten, im Eiltempo eine Sprachtest-Pflicht für alle Vier- bis Fünfjährigen beschlossen.
Häufiges Thema im Kabinett war die bundesweite Teil-Liberalisierung von Cannabis. Durch besonders strenge Regeln versucht Bayern, es Cannabis-Konsumenten im Freistaat schwer zu machen: mit Verboten, eigenem Cannabis-Gesetz und Millionenausgaben für Kontrolleure.
Kursschwenk beim Familiengeld
Klimaschutz dagegen hat für die Staatsregierung nicht mehr oberste Priorität. Nach Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) stellte auch Söder die eigenen Klimaziele der Regierung infrage. Wann der vor Jahren angekündigte Wassercent kommt, ist weiter offen: Zwar einigten sich CSU und FW nach langem Ringen auf Eckpunkte, wollen sich mit der Umsetzung aber mindestens zwei weitere Jahre Zeit lassen.
Angesichts knapper Kassen änderte die Koalition ihren Kurs beim Familiengeld. Vor einem Jahr hatte Söder noch versprochen, das Familien- und Krippengeld "auf gleichem Niveau" weiterzuführen. Bei den Haushaltsberatungen wurde dann beschlossen, dass Familien vom Freistaat künftig 50 bis 65 Prozent weniger Geld erhalten. Die so eingesparten Mittel sollen in den Ausbau der Kinderbetreuung fließen. Söder spricht von einer Neuverteilung, die Opposition von einer Kürzung.
Revierkämpfe zwischen CSU und Freien Wählern
Seiner Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) fuhr Söder wiederholt mit einem Machtwort in die Parade: sowohl in der Debatte über den Religionsunterricht ("wird nicht gekürzt") als auch in der Diskussion über unangekündigte Tests ("Exen werden natürlich bleiben").
Allen Harmoniebekundungen zum Trotz rumpelte es mehrfach zwischen CSU und Freien Wählern. Nach dem Nein der Bürger von Mehring (Kreis Altötting) zu einem großen Windpark schoben sich CSU-Minister und Aiwanger wechselseitig die Schuld zu. Finanzminister Albert Füracker (CSU) und Digitalminister Fabian Mehring (FW) lieferten sich einen Disput über Faxgeräte in der Verwaltung.
Besonders leidenschaftlich stichelten die Partner gegeneinander, wenn es um den ländlichen Raum ging. Höhepunkt war der Wettstreit um die Gunst der Landwirte: Mehrere CSU-Politiker schwärmten Anfang des Jahres zu den Bauernprotesten aus, für die Freien Wählern eilte Aiwanger von Demo zu Demo. Das bescherte ihm Kritik aus der CSU, aber auch bundesweite Aufmerksamkeit. Und die sucht Aiwanger, schließlich will er die Freien Wähler in den Bundestag führen.
Ordnungsgeld für Störer im Landtag
Einig waren sich CSU und Freie Wähler nicht nur untereinander, sondern auch mit Grünen und SPD, dass für Störer im Bayerischen Landtag künftig ein Ordnungsgeld fällig werden soll. Gemeinsam setzten die vier Fraktionen einen Vorschlag von Landtagspräsidentin Aigner um und änderten das Abgeordnetengesetz. Es gilt für Politiker aller Parteien, ist aber klar eine Reaktion auf das Verhalten von AfD-Abgeordneten.
Im Frühjahr ergeben BR-Recherchen zudem, dass die Fraktion und Abgeordnete der AfD im Landtag mehrere Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Spektrum beschäftigen. Bisher einmalig ist, dass der Bayerische Verfassungsschutz mit Franz Schmid einen Landtagsabgeordneten beobachtet. Dafür gelten hohe Hürden.
Personalwechsel bei Grünen und SPD
Die bayerischen Grünen führt nun eine weibliche Doppelspitze: Eva Lettenbauer wurde bestätigt, Gisela Sengl setzte sich knapp gegen Thomas von Sarnowski durch. In der Landtagsfraktion rückte im Sommer vorübergehend Vize Johannes Becher an die Spitze – als Mutterschutz-Vertretung von Katharina Schulze. Mittlerweile ist Schulze zurück, oft in Baby-Begleitung.
Turbulente Tage gab es im Sommer bei den Sozialdemokraten: Die Landtagsfraktion entzog ihrem Vorsitzenden Florian von Brunn nach internen Streitigkeiten das Vertrauen. Daraufhin verzichtete der 55-Jährige auf eine erneute Kandidatur für den Fraktionsvorsitz und trat auch als SPD-Landeschef zurück. Die Co-Vorsitzende Ronja Endres wurde zur alleinigen Chefin, an die Spitze der Fraktion wurde Malermeister Holger Grießhammer gewählt.
Beginnen wird das neue Landespolitik-Jahr 2025 wie das zu Ende gehende: mit der Neujahrsansprache des Ministerpräsidenten. Allzu lang dürfte die Weihnachtspause nicht dauern. Die vorgezogene Bundestagswahl steht vor der Tür; der Wahlkampf und die anschließende Regierungsbildung dürfte auch in der Landespolitik die ersten Monate prägen.
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