Geld für neue ukrainische Militärhilfe soll aus den Zinserträgen des eingefrorenen russischen Zentralbank-Vermögens kommen. Allein dieses Jahr könnten bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen. Geplant sind Waffenkäufe und Munition für die Ukraine.
Bundeskanzler rechnet mit Durchbruch
Bundeskanzler Scholz sagte in Brüssel, es gehe um die Erträge, die niemandem zuständen, und die deshalb von der Europäischen Union verwendet werden könnten. Scholz rechnet mit Einigkeit bei dem Thema. Das Geld solle vor allem verwendet werden, um Waffen und Munition zu erwerben. Der russische Präsident Wladimir Putin habe sich verrechnet, wenn er glaube, dass man nicht in der Lage sei, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie es notwendig sei, fügte er hinzu.
Russland will sich wehren
Insgesamt hat die EU im Rahmen von Sanktionen gut 200 Milliarden Euro eingefroren. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schlägt vor, die darauf erzielten Zinserlöse von rund drei Milliarden Euro pro Jahr der Ukraine zugutekommen zu lassen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow drohte der EU in Moskau "Vergeltung" an, wenn sie das russische Vermögen antaste.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält es dagegen für angemessen, sowohl die Gewinne als auch die Vermögenswerte selbst zu nutzen, um den russischen Terror zu stoppen, wie er in seiner Videoansprache sagte. Russland müsse sich der tatsächlichen Kosten des Krieges und der Notwendigkeit eines gerechten Friedens bewusst sein.
Österreich und Portugal sind skeptisch. Es müsse sichergestellt sein, dass das Geld nicht für Waffen und Munition ausgegeben werde, sagte Österreichs Kanzler Karl Nehammer. Er halte es für sinnvoller, das Geld in den Wiederaufbau in der Ukraine zu investieren.
Der stellvertretende ukrainische Regierungschef Oleksandr Kubrakov hatte die von Russland verursachten Kriegsschäden zuletzt auf 500 Milliarden Euro beziffert und sich dabei auf aktuelle Zahlen der Weltbank, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen berufen. Der scheidende portugiesische Ministerpräsident António Costa verwies auf "juristische Probleme" bei der Verwendung dieser Gelder. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron unterstützt dagegen das Vorhaben.
Uneinigkeit über Finanzierung
Macron will sich auf dem Gipfel aber auch für "neue Finanzierungsquellen" einsetzen, wie es im Elysée hieß. Die estnische Regierungschefin Kaja Kallas spricht sich für eine Erhöhung der Militärhilfe für die Ukraine aus und schlägt zur Finanzierung Eurobonds vor, gemeinsam aufgenommene Schulden nach dem Vorbild des Hilfspakets nach der Corona-Pandemie. Das wiederum lehnt Scholz ab. Es gehe Macron auch darum, den Weg freizumachen, damit die Europäische Investitionsbank (EIB) mehr Kredite für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit geben könne, betonte der Elysée. Darüber hätten Macron und Scholz bereits in der vergangenen Woche in Berlin beraten.
Deutschland, Frankreich und zwölf weitere Länder wollen der EIB zumindest ermöglichen, mehr militärisch wie zivil nutzbare Güter zu finanzieren. Wenn jeder mindestens 0,25 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts als militärische Unterstützung für die Ukraine bereitstellen würde, könnten wir Russland übertreffen, meint die estnische Regierungschefin Kallas.
Selenskyj fordert schnelle Hilfe
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mahnte in einer per Videokonferenz übertragenen Ansprache schnelle Entscheidungen an. Dass Europa bei der Lieferung von Artilleriemunition hinter seinen Möglichkeiten bleibe, sei beschämend, kritisierte er. Zudem bat er unter anderem um mehr Luftverteidigungssysteme. Es gehe nicht um Hunderte, sondern um eine erreichbare Zahl, sagte Selenskyj.
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