Die EU-Kommission hat nach teils gewaltsame Protesten von Landwirten die Vorgaben gelockert, wie viel Ackerfläche ungenutzt bleiben muss. Allerdings hat sie dabei keine Mehrheit der EU-Staaten hinter sich. Konkret geht es um die Auflage, dass Landwirte bislang vier Prozent ihrer Äcker brachliegen lassen müssen, um beispielsweise das Artensterben abzubremsen. Die Auflage entfällt rückwirkend zum ersten Januar. Statt Ackerfläche brachliegen zu lassen, können Betriebe nun auch vier Prozent ihrer Flächen mit stickstoffbindenden Pflanzen wie Linsen, Erbsen oder Zwischenfrüchten bepflanzen.
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Lockerung für Brachflächenvorgabe in Deutschland noch offen
Offen ist allerdings, ob die Lockerung auch in Deutschland gelten wird. Darüber muss jetzt die Bundesregierung entscheiden. Allerdings sind sich offenbar die beiden grün geführten zuständigen Bundesministerien nicht einig darüber, wie verfahren werden soll.
Während Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) die Entscheidung der Kommission kritisierte, da die Regelung, das "anhaltende Artensterben in unseren Agrarlandschaften" bremsen würde, hatte sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (ebenfalls Grüne) noch vor kurzem für die EU-Lockerung der Brachflächenvorgabe ausgesprochen. "Wir brauchen auch weiterhin einen effizienten und effektiven Schutz der Artenvielfalt, die schließlich auch ein unverzichtbarer Produktionsfaktor für unsere Landwirtschaft ist", so Özdemir. Man könne aber nicht die eine Krise auf Kosten einer anderen lösen, so der Minister.
Bauernverband fordert schnelle Umsetzung der Lockerung
Der Deutsche Bauernverband fordert jetzt, dass die Ausnahme zügig und vollständig auf den Weg gebracht wird. Deutschland könne der Kommission bis spätestens 29. Februar mitteilen, ob von der Option Gebrauch gemacht werde.
Auch der Vorsitzende des Agrarausschusses des EU-Parlaments, Norbert Lins, fordert von Özdemir, die Ausnahmen zeitnah umzusetzen. Der CDU-Politiker sieht in der Ausnahmeregel ein gutes Zeichen für die europäische Landwirtschaft.
Greenpeace fordert Bundesregierung zum "standhaft bleiben" auf
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace dagegen forderte Bundesminister Özdemir dazu auf, er müsse "jetzt standhaft bleiben und darf diesen Unsinn nicht auch noch in Deutschland mitmachen". Die Entscheidung der EU mache es möglich, dass letzte verbliebene Rückzugsräume vieler Arten in der Agrarlandschaft geschreddert werden könnten.
Dass die EU-Kommission auf die Forderungen der Bauern eingeht, ist ein ziemlicher Alleingang. Er wurde möglich, da sich im zuständigen EU-Ausschuss weder genügend Länderstimmen für noch gegen die Vorgaben zu den Brachflächen fanden. In so einem Fall kann die Kommission so eine Entscheidung eigenständig in Kraft setzen.
Im Video: Ackerflächen stilllegen für den Artenschutz
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