20.12.2024, Schweiz, Bern: Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd (r) schüttelt der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen vor einem bilateralen Treffen die Hand. Foto: Alessandro Della Valle/KEYSTONE/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Schweiz und EU äußern sich zu Kooperationsdeal

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EU und Schweiz wollen enger kooperieren

EU und Schweiz wollen enger kooperieren

Die EU und die Schweiz haben sich nach langem Ringen auf ein Abkommen geeinigt. Es ersetzt mehr als 120 Einzelverträge, regelt Freizügigkeit, Energie und Forschung neu – doch bis zur Umsetzung bleiben noch Hürden.

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Nach jahrelangem Tauziehen haben sich die Europäische Union und die Schweiz auf ein Abkommen für eine vertiefte Zusammenarbeit geeinigt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Vereinbarung am Freitag in Bern "historisch". Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd sprach von einem "Meilenstein" für die gemeinsamen Beziehungen. 

Zum Artikel: "EU einigt sich: Rumänien und Bulgarien treten Schengen-Raum bei"

Regeln für das freie Reisen und Lebensmittelsicherheit

Bislang sind die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz in mehr als 120 Einzelvereinbarungen geregelt, die nun durch einen umfassenden Text ersetzt werden sollen. Dazu gehören unter anderem Regeln für das freie Reisen, die Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit.

Die Schweiz ist auf allen Seiten umgeben von EU-Staaten, möchte aber nicht beitreten. Die wählerstärkste Partei, die rechte SVP, kämpft gegen jede Annäherung. Sie spricht bei dem neuen Verhandlungspaket von einem "Unterwerfungsvertrag". Sie macht Stimmung gegen Ausländer und fürchtet um den Wohlstand des Landes.

Besserer Zugang zum EU-Binnenmarkt

In erster Linie geht es nun um einen besseren Zugang zum EU-Binnenmarkt und um Fördergelder, etwa aus dem Forschungsprogramm Horizon Europe. Im Gegenzug will sich Bern dauerhaft dazu verpflichten, in den EU-Fonds für wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt einzuzahlen. Die Behörden sollen zudem sicherstellen, dass sich Schweizer Unternehmen an EU-Regeln halten, wenn sie auf dem europäischen Binnenmarkt aktiv sind.

Wozu verpflichtet sich die Schweiz?

Im Gegenzug für den Zugang zum Binnenmarkt können EU-Bürgerinnen und Bürger unter bestimmten Auflagen in der Schweiz arbeiten und umgekehrt. Nach Brüsseler Angaben leben rund 1,4 Millionen EU-Bürger in der Schweiz, das entspricht rund 16 Prozent der Gesamtbevölkerung. Rund 340.000 Menschen pendeln zudem aus Nachbarländern wie Deutschland, Frankreich oder Italien täglich zur Arbeit in die Schweiz.

Die Schweizer Gewerkschaften fürchten derweil um den Schutz der hohen Löhne in ihrem Land, wenn der Arbeitsmarkt stärker für EU-Bürgerinnen und -Bürger geöffnet wird. Die Schweiz sorgt sich zudem um die Kontrolle über die Einwanderung in das Alpenland, obwohl Arbeitskräfte aus dem Ausland eigentlich gebraucht werden.

Neu verpflichtet sich die Schweiz, mit wenigen Ausnahmen, auch künftiges EU-Recht dazu zu übernehmen. Eine bestehende Ausnahmeregel wird präzisiert: Die Freizügigkeit kann bei schweren wirtschaftlichen Problemen im gegenseitigen Einvernehmen beschränkt werden. Für Zweifelsfälle gibt es ein Schiedsgericht.

Schweiz wird in europäischen Strommarkt integriert

Die Schweiz gehört auch zum EU-Schengenraum ohne systematische Grenzkontrollen. Dies und viele andere Kooperationen sind in fünf Binnenmarkt- und rund 20 weiteren bilateralen Verträgen verankert. 

Außerdem können europäische Studenten künftig zu gleichen Konditionen an Schweizer Unis studieren wie Einheimische. Die Schweiz wird in den europäischen Strommarkt integriert, es gibt neue Kooperation beim Gesundheitsschutz und der Weltraumforschung. Auch, wenn das Paket noch lange nicht in Kraft ist, können Schweizer Forscherinnen und Forscher schon ab 1. Januar 2025 wieder an EU-Programmen teilnehmen. 

Zudem werden die teils 25 Jahre alten Abkommen aktualisiert, etwa mit der dynamischen Rechtsübernahme: Das heißt, EU-Änderungen werden künftig umgehend auch in der Schweiz umgesetzt. 

Was für Hürden gibt es noch?

Steht die EU-Schweiz-Kooperation dann ab 2025 auf neuen Füßen? Weit gefehlt. Jetzt geht es erst einmal an das Kleingedruckte. Im Frühjahr könnte etwas Unterschriftsreifes vorliegen, dann käme das Parlament in Bern zum Zuge. Dort wird die SVP alles so lange hinauszögern, wie es geht. Im Anschluss will sie eine Volksabstimmung. Ob das vor den Wahlen 2027 passiert, ist ungewiss. Erst nach einer Annahme durch das Volk könnte das Paket in Kraft treten. Auf der EU-Seite muss der Ministerrat zustimmen.

Mit Informationen von dpa und AFP.

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