Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich für eine Neuregelung von Abtreibungen ausgesprochen. Die Kirche könne die Grundentscheidung mittragen, den Schwangerschaftsabbruch auf Verlangen der Frau nicht wie bisher im Strafgesetzbuch, sondern in weiten Teilen im Schwangerschaftskonfliktgesetz zu regeln, heißt es in einer in Hannover veröffentlichten Stellungnahme des Rats der EKD.
Der Schwangerschaftsabbruch gegen oder ohne den Willen der Schwangeren müsse aber weiter im Strafgesetzbuch geregelt werden.
"Für betroffene Personen eine schwierige Dilemmasituation"
Der bayerische Landesbischof Christian Kopp sagte dem Evangelischen Pressedienst epd, er begrüße das Papier "mit dem deutlichen Akzent auf dem Schutz des Lebens und der Betonung des Selbstbestimmungsrechtes der Frau". Besonders überzeuge die Darstellung der schwer aufzulösenden Konfliktsituation für die schwangere Frau zwischen dem Anspruch des ungeborenen Lebens und den Ansprüchen aus der Lebenssituation der schwangeren Frau. "Es ist für die betroffenen Personen eine schwierige Dilemmasituation", betonte Kopp.
Die katholische Kirche hat sich dagegen für die Beibehaltung der derzeitigen Regelung ausgesprochen. Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa unterstützt aber das Anliegen, dass Abtreibungen generell von den Krankenkassen bezahlt werden.
Abtreibungsgesetz: Bundestag stimmt wohl nicht mehr vor Wahl ab
Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken haben einen Antrag zur Reform des Abtreibungsrechts in den Bundestag eingebracht, der aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr vor den Neuwahlen Ende Februar darüber abstimmen wird.
Dem Entwurf zufolge sollen Abtreibungen nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218 geregelt werden, der den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich unter Strafe stellt, unter Bedingungen aber zulässt. So bleiben in Deutschland Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen sowie nach einer Vergewaltigung.
Evangelische Kirche kritisiert Wegfall der dreitägigen Wartezeit
Die Stellungnahme der EKD begrüßt, dass der im Bundestag vorliegende Entwurf an der Beratungspflicht festhält, kritisiert aber den geplanten Wegfall der dreitägigen Wartezeit nach einer Beratung. Sie plädiert dafür, stattdessen eine Wartezeit von in der Regel 24 Stunden zu verlangen, wie sie bei anderen schwerwiegenden medizinischen Eingriffen üblich sei.
Auch Landesbischof Kopp macht sich für eine Beratung der Schwangeren stark. Es brauche ein niederschwelliges, wohnortnahes, flächendeckendes, kostenfreies und qualifiziertes psychosoziales Beratungsangebot. "Außerdem ist der Hinweis auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die eine kinder- und familienfreundliche Kultur und echten Lebensschutz ermöglichen, aus christlicher Sicht gerade in diesen Zeiten besonders wichtig."
Neuregelung vermeide "moralisierend-belehrenden Ton"
In der EKD-Stellungnahme heißt es weiter, man begrüße, dass die vorgeschlagene Regelung einen "moralisierend-belehrenden Ton" vermeide und jeder Stigmatisierung von Frauen entgegenzutreten versuche. Die im Entwurf enthaltene rechtliche Struktur "ist aus evangelischer Perspektive im Grundsatz zustimmungsfähig". Mit der Stellungnahme veröffentlicht wurde ein 50-seitiges Diskussionspapier der EKD, das sich aus theologisch-ethischer Sicht mit dem Thema befasst.
Mit Informationen von epd und KNA
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