Der Klostergarten des Franziskanerklosters in Füssen.
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Die Franziskaner in Deutschland arbeiten das Thema Missbrauch auf.

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Franziskaner: Erste Ergebnisse aus Missbrauchsstudie

Franziskaner: Erste Ergebnisse aus Missbrauchsstudie

Die Franziskaner sind einer der ersten großen Orden in Deutschland, die eine eigene Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben haben. Doch bisher konnten die Forscher erst ein Dutzend Interviews führen. Sie rufen weitere Betroffene auf sich zu melden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In der wissenschaftlichen Aufarbeitung von Missbrauch im deutschen Franziskanerorden gibt es erste Ergebnisse. Die bisher bekannten Taten hätten vor allem in den 1950er bis 1970er Jahren stattgefunden, teilte das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) am Montag in München mit. Die Tatorte lägen vor allem in Nordrhein-Westfalen. Als Brennpunkte werden Vossenack und Großkrotzenburg genannt. Die Betroffenen seien zum Großteil männlich und zum Zeitpunkt der ersten Tat zwischen zehn und 14 Jahre alt gewesen.

Ein Dutzend Interviews mit Betroffenen

Ein Problem der Wissenschaftler einmal mehr beim Thema Missbrauch: die dünne Datenlage. Bisher konnten die Wissenschaftler nur etwa ein Dutzend Betroffeneninterviews führen. "Wir haben die Vermutung, dass es einige Betroffene gibt, die sich nicht gern bei der Täterorganisation melden", sagte der Sozialpsychologe Heiner Keupp vom IPP der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Für die Studie werden nun weitere Interviewpartner gesucht, hieß es. Als der Orden die Untersuchung Ende Januar in München publik machte, teilten die Franziskaner mit, beim Orden seien seit 2010 etwas mehr als 40 Meldungen eingegangen. Keupp sagte dazu, auch von diesen habe erst ein Teil Kontakt mit dem Institut für Praxisforschung und Projektberatung aufgenommen. Neben den Betroffenen werden auch Zeitzeugen aus dem Umfeld des Ordens gebeten, sich bei den Forschern zu melden.

Tatorte existieren teilweise nicht mehr

Eine weitere Schwierigkeit für die Aufarbeitung: Viele Ordenseinrichtungen, die Tatorte waren, wurden wegen Nachwuchsmangel längst aufgegeben. Diese Strukturen erschwerten die Aufarbeitung von Missbrauch in dem Orden. So seien Franziskaner viel mobiler als beispielsweise Benediktiner, die sich zeitlebens einem bestimmten Kloster anschlössen.

Sozialpsychologe Heiner Keupp attestiert den Franziskanern zugleich eine hohe Mitwirkungsbereitschaft. Dies gelte auch für die Leitungsebene des Ordens. Die Studie soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein. Das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) hat zu dem Thema schon mehrere Forschungsprojekte für Institutionen durchgeführt, etwa für das Benediktinerinternat Ettal oder die Odenwaldschule. Zuletzt war es an der Forum-Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland beteiligt.

Franziskaner: 25 Niederlassungen und rund 200 Mitglieder

Der Franziskanerorden in Deutschland hat aktuell noch etwas mehr als 200 Mitglieder verteilt auf 25 Orte, in Bayern etwa in Garmisch-Partenkirchen, Füssen, München und Vierzehnheiligen. Die Studie zum Missbrauch beim Franziskanerorden in Deutschland soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.

Zuletzt hatte im Juni der kleinere Orden der Franziskaner-Minoriten eine eigene Missbrauchsstudie vorgelegt. Weitere Studien aus dem Bereich der Ordensgemeinschaften sollen folgen, darauf hatte sich die Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) 2021 mit dem damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, verständigt.

Mit Informationen der KNA

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