"Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz" – unter dieser Bezeichnung legt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine Pläne für eine Reform der ambulanten Versorgung dem Kabinett vor. Es zielt auf eine Stärkung der hausärztlichen Versorgung ab, die Gründung von kommunalen medizinischen Versorgungszentren (MVZ) soll erleichtert werden, Kinder und Jugendliche sollen besseren Zugang zu Psychotherapie erhalten.
Ursprünglich vorgesehen war auch die Einführung von Gesundheitskiosken. Diese sollten Anlaufstellen in unterversorgten Gebieten und strukturschwachen Stadtvierteln sein. Lauterbach strich die Kioske aber vorläufig aus dem Entwurf, um das Gesetz nicht auszubremsen. Die geplante Reform stieß bisher bei Krankenkassen und Verbänden auf wenig Gegenliebe. In einer Anhörung im Bundestag hatten sich lediglich die Hausärzte positiv geäußert.
Tätigkeit als Hausarzt soll finanziell attraktiver werden
Lange Wartezeiten, Praxisschließungen, Mangel bei Ärzten auf dem Land: Angesichts einer angespannten Situation bei der hausärztlichen Versorgung, die sich durch eine Ruhestandswelle noch verschärfen dürfte, will Lauterbach eine Tätigkeit als Hausarzt "dauerhaft finanziell attraktiver" machen. Unter anderem sollen dafür Obergrenzen bei der Vergütung wegfallen.
Das bedeutet, dass die Ärzte Mehrarbeit bezahlt bekommen, auch wenn das Budget ausgeschöpft ist. Zu Buche schlagen dürfte das mit einem "unteren dreistelligen Millionenbetrag" an Mehrkosten für die Krankenkassen, wie das Ministerium schätzt.
Kommen soll auch eine jährliche "Versorgungspauschale" zur Behandlung chronisch Kranker. Das soll Praxisbesuche etwa nur zum Abholen von Rezepten vermeiden und die Praxen vor Überlastung schützen. Eine neue "Vorhaltepauschale" sollen Praxen bekommen, die bestimmte noch festzulegende Kriterien erfüllen – etwa mit Hausbesuchen oder Öffnungszeiten auch abends.
Medizinische Versorgungszentren sollen Versorgung sichern
Ein weiteres Vorhaben zur Sicherung der ambulanten Versorgung ist die Einrichtung von medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Für Kommunen soll es einfacher werden, solche Zentren zu gründen, in denen Mediziner kostengünstig unter einem Dach arbeiten.
Verbessert werden sollen auch psychotherapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche. Dazu soll für Planungen des Bedarfs eine eigene Arztgruppe gebildet werden. Dies ermögliche "eine zielgenauere Steuerung der Niederlassungsmöglichkeiten" für entsprechende Praxen, heißt es.
Für gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherte soll ein digitales Informationsangebot geschaffen werden. Abrufbar sein sollen dort etwa Zahlen zu Genehmigungen und Ablehnungen bestimmter Kassenleistungen – aber auch zur Bearbeitungsdauer und zur Qualität von Angeboten.
"Gesundheitskioske" sind vorerst nicht Teil des Entwurfs
Um seine Reformpläne nicht weiter zu verzögern, hatte Lauterbach einige in der Koalition umstrittene Punkte aus dem Gesetzentwurf herausgelöst. In den parlamentarischen Beratungen sollen sie aber erneut aufgerufen werden. Dazu gehören insbesondere "Gesundheitskioske", also Beratungsstellen für Behandlung und Prävention in Gegenden mit vielen sozial schwachen Haushalten.
Kritik von Krankenkassen und Verbänden
Die geplante Reform stieß bisher bei Krankenkassen und Verbänden auf viel Kritik, nicht zuletzt aufgrund der zu erwartenden Mehrkosten. Auch Sozialverbände äußerten sich enttäuscht. So kritisierte die Diakonie Lauterbach dafür, dass er die Gesundheitskioske ebenso wie einst geplante Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen vorläufig aus dem Gesetz strich. Sie seien "wichtige Bausteine, um unser Gesundheitssystem zukunftsfähig und niedrigschwellig auszurichten", sagte Vorständin Maria Loheide.
Mit Informationen von AFP, DPA und KNA
Im Video: Neues Gesetz soll Hausarzt-Tätigkeit attraktiver machen
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