Daniel Hagari, Armee-Sprecher Israel
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Daniel Hagari

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Israel erklärt 31 Geiseln für tot – Keine rasche Feuerpause

Das israelische Militär geht davon aus, dass 31 der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln nicht mehr leben. Indes reagiert die Hamas auf den Vorschlag einer Feuerpause, doch zahlreiche Fragen bleiben ungeklärt.

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Von den noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln leben nach israelischen Angaben 31 nicht mehr. Das teilte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, am Dienstag mit. "Wir haben 31 Familien darüber informiert, dass ihre gefangenen Angehörigen nicht mehr unter den Lebenden weilen und dass wir sie für tot erklärt haben", sagte er bei Pressekonferenz. Der Militärsprecher ließ aber offen, wann und wie sie gestorben sind.

Die Organisation in Israel, die die Angehörigen der Vermissten und Geiseln vertritt, bestätigte die Angaben. Damit ist die Zahl der Geiseln, von denen Israel glaubt, dass sie tot sind, höher als bisher angenommen. Bislang hieß es, dass noch 136 Geiseln von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden.

Antwort der Hamas: Biden sieht sie als übertrieben an

Auch nach der Antwort der radikal-islamischen Hamas auf einen Vorschlag internationaler Vermittler für eine Feuerpause zeichnet sich ein rasches Ende der Kämpfe im Gazastreifen nicht ab. "Es gibt noch viel Arbeit zu erledigen, aber wir sind weiterhin der Überzeugung, dass eine Vereinbarung möglich und in der Tat unerlässlich ist", teilte US-Außenminister Antony Blinken am Dienstag nach Erhalt des Hamas-Schreibens mit.

In einer Erklärung, die sie auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichte, teilte die Hamas mit, dass sie und ihre Verbündeten mit dem Vermittlungsvorschlag "in positivem Geiste" umgegangen seien. Die Vereinbarung müsse aber zu einem vollständigen und umfassenden Waffenstillstand, einer Beendigung der Blockade des Gazastreifens, dem Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Küstengebiets und der vollständigen Freilassung palästinensischer Gefangener führen.

US-Präsident Joe Biden wertete die Antwort der Hamas als "ein bisschen übertrieben", ohne konkreter zu werden. Katar zeigte sich nach dem Hamas-Schreiben "optimistisch". Blinken kündigte an, die Antwort der Hamas werde am Mittwoch mit der israelischen Regierung erörtert werden. Kern des von den USA, Israel, Ägypten und Katar entwickelten Vorschlags ist die Freilassung der von Hamas und Islamischen Dschihad im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln im Gegenzug für eine lang andauernde Kampfpause. Bislang bestand die Hamas auf ein endgültiges Ende der Kämpfe, während Israels Kriegsziel die Vernichtung der radikal-islamischen Organisation ist.

Wichtige Einzelheiten lässt der vorgeschlagene Deal offen – sie müssen noch im Verlauf weiterer Verhandlungen geklärt werden. So wurde noch keine Anzahl für die Freilassung palästinensischer Häftlinge durch Israel ausgehandelt. 

Karte: Übersicht des Gazastreifens

Kämpfe in Chan Junis - Bombenangriffe auf Rafah

Ungeachtet der Vermittlungsbemühungen setzte die israelische Armee die Offensive im Süden des Gazastreifen fort. Anwohner und Ärzte berichteten über Luftangriffe und Beschuss durch Panzer in Chan Junis. Dabei seien mindestens 14 Menschen getötet worden. Auch aus Rafah unmittelbar an der Grenze zu Ägypten wurden Luftangriffe und Artillerie-Feuer von Panzern gemeldet. Palästinensische Sanitäter und Ärzte berichteten von zahlreichen Toten. Darunter seien auch sechs Polizisten, deren Wagen getroffen worden sei.

Das israelische Militär erklärte, Rafah sei eine Hochburg der Hamas-Kämpfer. Bereits vergangene Woche hatte Israel angekündigt, in die Grenzstadt vorzustoßen. Das hat Sorgen internationaler Hilfsorganisationen befeuert, die auf Hunderttausende Flüchtlinge verweisen, die dort Schutz gesucht haben. Ein Vertreter der israelischen Regierung sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es liefen Bemühungen, einen Bodenangriff auf Rafah mit Ägypten abzustimmen. Dazu gehören demnach auch Pläne, vertriebene Palästinenser zu evakuieren.

Immer weniger Rückhalt für Netanjahu

Blinken traf nach Gesprächen in Saudi-Arabien am Dienstag in Ägypten und Katar die dortigen Staatschefs. Geplant sind auch Gespräche mit Vertretern Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde während seiner Reise in vier Länder der Region.

In Israel bröckelt unterdessen der Rückhalt für das Ziel von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die Kämpfe bis zur Auslöschung der Hamas fortzusetzen. Nach einer Umfrage des Israel Democracy Institute erklärten 51 Prozent der Befragten, wichtigstes Kriegsziel solle die Befreiung der Geiseln sein. Nur 36 Prozent sagten demnach, wichtigstes Ziel müsse die Zerstörung der radikal-islamischen Organisation sein.

Die seit 2007 in Gaza herrschende und vom Iran unterstützte Hamas hatte am 7. Oktober einen Großangriff auf Israel begonnen. Terroristen der Hamas drangen in israelische Städte und Kibbuzim ein, Raketen gingen in Israel nieder. Laut israelischen Angaben wurden 1.200 Menschen getötet. Überdies wurden damals 253 Personen in den Gazastreifen verschleppt.

Mit Informationen von Reuters und dpa

Im Audio: Israel geht davon aus, dass 31 der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln nicht mehr leben

Archivbild: Demonstration in Tel Aviv für Geisel-Abkommen
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Archivbild: Demonstration in Tel Aviv für Geisel-Abkommen

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