Ein israelischer Luftangriff auf den Großraum von Chan Junis im Süden des Gazastreifens hat Dutzenden Menschen das Leben gekostet. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium teilte am Abend mit, dass die Zahl der Todesopfer auf 90 gestiegen sei. 300 Menschen seien bei der Attacke am Samstag verletzt worden.
Viele Tote und Verletzte seien in das nahe gelegene Nasser-Hospital gebracht worden. In dem Krankenhaus zählten Journalisten der Nachrichtenagentur AP am Vormittag mehr als 40 Leichen. Zeugen berichteten, es habe mehrere Angriffe gegeben.
Israel nennt Hamas-Anführer als Ziel der Attacke
Die israelische Regierung erklärte, der Luftangriff vom Samstag habe dem Anführer des militärischen Arms der Hamas, Mohammed Deif, gegolten. Auch Rafa Salama, ein weiteres Führungsmitglied der militant-islamistischen Gruppe, sei ins Visier genommen worden. Beide seien "Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober".
Ob Deif und Salama ums Leben kamen, war zunächst unklar. "Es besteht noch keine absolute Gewissheit", sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf einer Pressekonferenz. Die Armee habe über äußerst zuverlässige nachrichtendienstliche Informationen verfügt, dass sich Deif und Salama zum Zeitpunkt des Angriffs dort aufhielten, sagte ein hochrangiger Militärvertreter.
Mohammed Deif: Chefstratege des Hamas-Terrors
Die Hamas wies in einer Reaktion die israelischen Angaben zu dem Luftangriff zurück und sprach von einem "schrecklichen Massaker". Ein ranghoher Hamas-Vertreter sagte zudem dem Sender Al-Dschasira, Deif sei nicht getötet worden. Er höre Netanjahus Stellungnahme dazu und spotte darüber.
Deif gilt vielen Experten als der Chefstratege hinter der von der Hamas angeführten Terrorattacke im Süden Israels am 7. Oktober mit rund 1.200 Toten. Der Großangriff löste den Gaza-Krieg aus. Seit Jahren steht Deif weit oben auf der Fahndungsliste Israels. Er soll in der Vergangenheit schon mehrere israelische Attentatsversuche überlebt haben.
Karte: Die militärische Lage im Gazastreifen
Auch "humanitäre Zone" könnte betroffen sein
Unklar war zunächst, ob der Luftangriff vom Samstag ein Areal in Muwasi traf, das von Israel als humanitäre Zone deklariert wurde. Das Gebiet reicht vom Norden Rafahs bis nach Chan Junis. Dorthin sind Hunderttausende vertriebene Palästinenser vor den Gefechten geflohen. Viele hausen in provisorischen Zelten. Palästinensischen Angaben zufolge traf Israels Armee dort Zelte von Vertriebenen.
Die israelische Armee gibt an, ihr "präziser Schlag" habe lediglich offenes Gebiet getroffen, umgeben von Bäumen, mehreren Gebäuden und Baracken - auf dem Areal habe es keine Zelte gegeben. Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen.
Bei den Bodenoffensiven und den Bombardements des israelischen Militärs sollen nach Darstellung des palästinensischen Gesundheitsministeriums bisher mehr als 38.000 Menschen im Gazastreifen ums Leben gekommen sein, mehr als 88.000 wurden demnach verletzt.
Mit Informationen von AP und dpa
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