Hunderte Pager explodieren zeitgleich im Libanon. Medienberichten zufolge könnte der israelische Geheimdienst Mossad involviert sein.
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Israel soll Sprengstoff in Hisbollah-Pagern platziert haben

Israel soll Sprengstoff in Hisbollah-Pagern platziert haben

Hunderte Pager explodieren zeitgleich im Libanon. Berichten zufolge könnte der israelische Geheimdienst Mossad involviert sein. Der taiwanesische Hersteller der Geräte weist eine Beteiligung von sich. Die Pager seien in Ungarn hergestellt worden.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Bei der Massenexplosion von Pagern der pro-iranischen Hisbollah im Libanon handelt es sich einem Bericht zufolge offenbar um eine israelische Sabotageaktion. Dem israelischen Geheimdienst Mossad sei es gelungen, eine Lieferung von Pagern abzufangen und in den Geräten Sprengstoff zu platzieren, berichtete die "New York Times" (externer Link; möglicherweise Bezahlinhalt).

Tausende Verletzte durch Pager-Explosionen

Bei den Explosionen wurden am Dienstag laut Angaben der Regierung in Beirut neun Menschen getötet. Die Zahl der Verletzten wird mit fast 2.800 angegeben. Andere Berichte sprechen von rund 3.000 Verletzten. Mehr als 200 Verletzte schwebten laut Gesundheitsministerium in Lebensgefahr. Die Pager explodierten zeitgleich an verschiedenen Orten des Landes.

💡 Was sind Pager?

Die kleinen Geräte waren so etwas wie ein Vorläufer des Handys. Die Grundidee: Wenn man mit jemandem sprechen will, pingt man den Pager der Person an. Diese sieht die Telefonnummer – oder eine kurze Nachricht – und kann zurückrufen oder entsprechend der Nachricht handeln. Pager wurden vor allem seit den 1980er-Jahren breit eingesetzt, unter anderem bei Rettungsdiensten. Die permanente Erreichbarkeit dank der allgegenwärtigen Handys machte sie jedoch weitgehend überflüssig. Dass eine Miliz wie die Hisbollah in großem Stil Pager verwendet, hat wohl einen einfachen Grund: Anders als bei Handys oder Smartphones kann ihr Aufenthaltsort nicht ermittelt werden.

Vermutlich Sprengstoff an Batterie angebracht

Eine der Hisbollah nahestehende Quelle sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die explodierten Pager zu einer kürzlich von der Hisbollah importierten Lieferung gehörten.

Höchstwahrscheinlich seien an der Batterie je 25 bis 50 Gramm Plastiksprengstoff eingebaut worden [externer Link auf tagesschau.de]. Dieser sei durch einen Telefonanruf oder ein Funksignal zur Explosion gebracht worden, sagte Charles Lister von der US-Denkfabrik Middle East Institute. Der israelische Geheimdienst habe offenbar die Lieferkette "infiltriert".

Pager in Ungarn hergestellt

Laut dem Bericht der "New York Times" hatte die Hisbollah die Pager bei der in Taiwan ansässigen Firma Gold Apollo bestellt. Das Unternehmen erklärte jedoch, bei den explodierten Pagern handele es sich "nicht um unsere Produkte". Auf dpa-Nachfrage erklärte Gold Apollo, dass eine in Ungarn ansässige Firma die Funkgeräte gefertigt habe. Die ungarische Firma habe das Recht, die Marke der taiwanesischen Firma zu verwenden.

Die Hisbollah hatte ihre Mitglieder nach Beginn des Gaza-Krieges angewiesen, Mobiltelefone zu meiden und stattdessen auf ihr eigenes Telekommunikationssystem zurückzugreifen, um israelische Übergriffe zu verhindern.

Libanesischer Parlamentsvorsitzender spricht von Kriegsverbrechen

Der mit der Hisbollah verbündete libanesische Parlamentsvorsitzende Nabih Berri sprach von einem "Massaker und Kriegsverbrechen Israels". Die Hisbollah drohte, dass Israel für die Angriffe "sicherlich seine gerechte Strafe" erhalten werde. Die mit der Hisbollah verbündete radikalislamische Hamas bezeichnete die Explosionen als "zionistische terroristische Aggression".

Israel äußerte sich bisher nicht zu den Vorfällen. Das US-Außenamt bestritt, daran beteiligt gewesen oder im Vorfeld informiert worden zu sein. 

Mahnungen – Lage nicht weiter eskalieren lassen

Zugleich mahnte die US-Regierung den Iran, nichts zu tun, was die angespannte Lage verschärft. Teheran unterstützt die Hisbollah im Libanon, die nach dem Beginn des Gaza-Krieges ihre Angriffe auf Israel intensiviert hatte. Dem iranischen Staatsfernsehen zufolge wurde auch der iranische Botschafter in Beirut, Modschtaba Amani, bei den Pager-Explosionen "oberflächlich" verletzt.

Seit dem Beginn des Krieges im Gazastreifen haben die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah zugenommen. Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der Grenze mussten fliehen. Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant hatte am Montag erklärt, "militärisches Handeln" sei "der einzige verbliebene Weg, die Rückkehr der nordisraelischen Gemeinden sicherzustellen".

Mit Informationen von AFP, dpa, Reuters

Im Video: Sorge vor Eskalation nach Pager-Explosionen

Nach den mutmaßlich koordinierten Explosionen von vielen Pagern im Libanon ist die Sorge vor einer Eskalation groß. Die Hisbollah beschuldigt Israel und kündigt Vergeltung an.
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Nach den mutmaßlich koordinierten Explosionen von vielen Pagern im Libanon ist die Sorge vor einer Eskalation groß.

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