Der Versuch von AfD und Linkspartei, die geplante Sondersitzung des Bundestags zum Finanzpaket von Union und SPD noch gerichtlich zu stoppen, ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verwarf die entsprechenden Eilanträge der Fraktionen sowie weitere Anträge von Abgeordneten am Freitag als unbegründet. Bis zum Zusammentritt des neu gewählten Bundestags sei das alte Parlament "in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt".
Das Bundesverfassungsgericht begründete die Entscheidung, die Sondersitzungen nicht zu untersagen, mit der Verfahrensautonomie des Parlaments. Sie habe "besonderes Gewicht", weil die Gefahr bestehe, dass die Beschlussfassung über die eingebrachte Gesetzesvorlage wegen des Grundsatzes der Diskontinuität "endgültig unmöglich wird". Mit der Konstituierung des neuen Bundestags endet die Zeit des alten Parlaments und alle dort nicht beendeten Verfahren "verfallen" automatisch (Diskontinuität).
Kompromiss zwischen Union und SPD mit Grünen
Zuvor hatten sich Union und SPD mit den Grünen auf einen Kompromiss geeinigt, über den am Dienstag im Bundestag abgestimmt werden soll. Geplant sind höhere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. Dazu sollen die im Grundgesetz geregelte Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben sowie für die Länder gelockert und ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur eingerichtet werden.
Mit den Grünen wurde nun vereinbart, dass die Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur ausdrücklich zusätzlich erfolgen müssten – also nicht für laufende Projekte oder Konsumausgaben verwendet werden können. Zudem sollen aus dem Sondervermögen 100 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen.
Neuer Bundestag wohl ohne Zweidrittelmehrheit für SPD, Grüne, Union
Für die Verfassungsänderungen wird im Parlament eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Im neuen Bundestag käme diese voraussichtlich nur mit Stimmen der Linken oder der AfD zustande. Union, SPD und Grüne wollen das Paket darum noch im alten Bundestag beschließen. Nach einer ersten Sondersitzung und der ersten Beratung, die am Donnerstag stattfand, ist für Dienstag die zweite und dritte Lesung und damit die Schlussabstimmung geplant. Das Verfassungsgericht hat dieses Vorgehen nicht gestoppt.
Linke bedauert Karlsruhe-Urteil zu Bundestags-Sondersitzungen
Für die SPD teilte ihre Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast mit: "Die Wahlperiode des alten Bundestages wird erst durch den Zusammentritt des neuen Bundestages beendet." Das sei nun auch höchstrichterlich entschieden. Die SPD-Fraktion sehe sich in ihrer Auffassung bestätigt.
Die Linke hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den geplanten Sondersitzungen des alten Bundestags zum Finanzpaket bedauert. "Wir hätten uns natürlich ein anderes Ergebnis gewünscht", sagte Fraktionschefin Heidi Reichinnek. "Aber was rechtens ist, ist ja nicht immer richtig." Die Linke sei der Überzeugung, "man hätte der Demokratie und insbesondere dem Vertrauen der Menschen in diese Demokratie einen Dienst erwiesen, wenn man eine solch schwerwiegende Entscheidung mit dem neuen Parlament getroffen hätte". Gleichwohl akzeptiere die Partei die Gerichtsentscheidung. Sie werde nun weiterhin die Prozesse kritisch begleiten.
Der AfD-Aufforderung, gemeinsam die Einberufung des neuen Bundestages zu beantragen und damit eine Grundgesetzänderung für das Milliarden-Schuldenpaket von Union, SPD und Grünen durch den alten Bundestag zu verhindern, hat die Linke im Bundestag eine Absage erteilt. AfD-Parlamentsgeschäftsführer Stephan Brandner zeigte sich "zuversichtlich, dass unsere zweite Organklage, die sich gegen die viel zu knapp bemessene Zeit für die Beratung der geplanten Grundgesetzänderungen richtet, gute Aussichten auf einen Erfolg hat."
Mit Informationen von afp und dpa
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!