Robert Habeck
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Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

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Koalitions-Streit: Habeck warnt vor Scheitern der Ampel

Koalitions-Streit: Habeck warnt vor Scheitern der Ampel

Vizekanzler Habeck hat die Ampelkoalition vor einem Zerbrechen gewarnt: Es sei der schlechteste Zeitpunkt für ein Scheitern der Regierung. Nach Finanzminister Lindner fordert derweil aber auch Justizminister Buschmann einen Politikwechsel.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Angesichts des Richtungsstreits in der Ampel warnt Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) vor einem Scheitern der Koalition. In den "Tagesthemen" im Ersten sagte der Wirtschaftsminister, dies sei der schlechteste Zeitpunkt für ein Scheitern der Regierung.

Er verwies auf den Krieg in der Ukraine, die Wahl in den USA und die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Wie zuvor der Kanzler mahnte auch Habeck zu Pragmatismus. Die Ampel habe es immer wieder hinbekommen, in schwierigen Situationen auch Beschlüsse zu fassen. Aber: "Diese Koalition wird auch keine Liebesbeziehung mehr werden."

Finanzminister Lindner pocht auf andere Wirtschaftspolitik

Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonte am Abend in Düsseldorf, es müsse einen Neustart in der Wirtschaftspolitik geben. Deutschland leiste sich überbordende Regulierung, einen Sozialstaat, der Untätigkeit toleriere, und befinde sich auf einem weltweit einmaligen Sonderweg in der Energie- und Klimapolitik.

Nach dem Finanzminister dringt nun auch der Justizminister, Marco Buschmann (FDP), auf einen Politikwechsel hin zu einer wirtschaftsfreundlichen Politik. Der versprochene Bürokratieabbau finde nicht statt, sagte Buschmann der Zeitung "WirtschaftsWoche" (externer Link; möglicherweise Bezahlinhalt) laut Vorabbericht. Der FDP-Politiker sieht in der ausufernden Bürokratie "faktisch eine neue Form der Besteuerung". Sie ziele nicht auf Geld, "sondern eine noch wertvollere Ressource: nämlich Arbeitskraft in Zeiten des Arbeitskräftemangels". Formulare, Berichte und Anlagen müssten ausgefüllt werden – wobei nicht immer klar sei, wer das eigentliche lese. Mittlerweile gebe es einen regelrechten "Bürokratie-Burnout".

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sieht Habeck nun am Zug, substanzielle Ideen zur Stärkung des Wachstums zu liefern. "Wir brauchen eine echte Wirtschaftswende", sagte der Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Gewerkschaftsvorsitzende Fahimi kritisiert Forderungen als unsozial

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, kritisiert die wirtschaftspolitischen Forderungen von FDP-Chef Christian Lindner dagegen als unsozial: "Das FDP-Papier ist nichts weiter als ein Manifest zur Umverteilung von unten nach oben", sagte Yasmin Fahimi der "Augsburger Allgemeinen" (externer Link; möglicherweise Bezahlinhalt). "Und falls Taktik dahintersteckt, ist das verantwortungslos gegenüber dem Land." 

Fahimi kritisierte auch, dass Lindner als Reaktion auf die Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Industrie- und Gewerkschaftsvertretern zur Wirtschaftslage eigene Gespräche mit Vertretern des Mittelstands ansetzte. Sie verstehe nicht, "wie Christian Lindner ein parteipolitisches Theaterstück aufführen und gleichzeitig von Regierungsverpflichtung sprechen kann", sagte sie. "Ich betrachte die FDP-Veranstaltung als ergebnisloses Lobby-Gespräch, das wir ignorieren können."

Sozialverband VdK fordert Geschlossenheit der Regierung

Auch der Sozialverband VdK übte Kritik und fordert Geschlossenheit von der Bundesregierung. Die Koalitionspartner von SPD, Grünen und FDP müssten Verantwortung übernehmen und "an einem Strang ziehen, anstatt in endlosen Streitigkeiten zu verharren", erklärte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands, laut Mitteilung.

An Lindners Wirtschaftskonzept hat sich der jüngste Ampelstreit entzündet. Zuvor sorgten bereits jeweils eigene Wirtschaftsgipfel von Scholz und Lindner sowie ein Impulspapier von Habeck für Aufsehen.

Habeck ist bereits in einem konkreten Punkt auf Lindner zugegangen: Die Milliarden, die für die Ansiedelung einer Chipfabrik in Magdeburg vorgesehen waren und die Habeck gerne für andere Projekte eingesetzt hätte, können nun doch zum Ausgleich für den Bundeshaushalt verwendet werden.

Das FDP-geführte Bundesfinanzministerium reagiert indes kühl auf das Kompromissangebot. "Es geht gerade nicht um das Stopfen von Haushaltslöchern, um zehn Milliarden mehr oder weniger", schrieb Katja Hessel, Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, auf dem Kurznachrichtendienst X. Die entscheidende Frage laute jetzt, wie könne die Wirtschaft künftig wieder stärker wachsen.

Grünen-Fraktionschefin Dröge kritisiert "öffentliche Showmaßnahmen"

Nach dem Kompromissangebot von Habeck sieht Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge dagegen jetzt Lindner am Zug. "Das hätte ich eigentlich von einem seriösen Finanzminister erwartet", sagte Dröge im ARD-"Morgenmagazin". In der Koalition solle mehr miteinander geredet werden, statt sich "in öffentlichen Showmaßnahmen gegenseitig immer wieder überbieten", mahnte die Grünen-Politikerin.

Am Vormittag sind der Bundeskanzler, Habeck und Lindner zu weiteren Krisengesprächen im Kanzleramt zusammengekommen. Seit Tagen lädt Scholz zu Treffen in kleinen Runden, in denen es um die Zukunft der Koalition geht. Morgen tagt der Koalitionsausschuss mit den Spitzen der Ampel-Regierung.

Mit Informationen von dpa, Reuters und KNA

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