In Österreich ist der Versuch der Bildung einer Dreier-Koalition gescheitert. Die liberalen Neos verkündeten am Freitagvormittag ihren Ausstieg aus den wochenlangen Koalitionsgesprächen mit der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ.
Beide Parteien wollen nun ohne die Neos weiterverhandeln. Dies hätten die Chefs beider Parteien mitgeteilt, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Unsere Hand bleibt ausgestreckt", sagte SPÖ-Chef Andreas Babler in Richtung ÖVP. Es liege jetzt an Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer, mit den Sozialdemokraten bilateral "auf Augenhöhe" weiterzuverhandeln, sagte er. Babler forderte, dass die notwendige Budgetkonsolidierung von reicheren Bevölkerungsschichten geschultert werden solle.
"Wir sind weiter bereit, Verantwortung zu übernehmen", sagte Nehammer. Er forderte erneut die Sicherung des Wirtschaftsstandortes, eine konsequente Asylpolitik und die Entlastung von wirtschaftlichen Leistungsträgern.
Das sagen die Neos zum Koalitionsausstieg
Es sei gerade in den vergangenen Tagen zu spüren gewesen, dass trotz vieler Anstöße durch die Liberalen nicht der dringend notwendige Reformwille aufkomme, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Statt einer großen gemeinsamen Vision für das Land sei eher ein Denken nur bis zum nächsten Wahltermin aufgekommen.
Seit Mitte November hatten ÖVP, SPÖ und die Neos über ein Regierungsbündnis verhandelt. Eine solche Koalition aus drei Parteien wäre eine Premiere in Österreich gewesen.
Was die rechte FPÖ damit zu tun hat
Die Gespräche waren auch ein Versuch, den klaren Wahlsieger, die rechte FPÖ, von der Macht fernzuhalten. Zwar hätten auch ÖVP und SPÖ eine Mehrheit, aber nur von einer Stimme.
Ende September hatte die rechte FPÖ die Parlamentswahl gewonnen. Da jedoch niemand mit der Partei zusammenarbeiten wollte, wurde über eine sogenannte "Zuckerl-Koalition" verhandelt. Diese Bonbon-Bezeichnung stammt von den Parteifarben Türkis (ÖVP), Rot (SPÖ) und Pink (Neos).
Knackpunkt der Verhandlungen war stets die Planung eines neuen Haushalts. Österreich steckt in einer Wirtschaftskrise und muss gleichzeitig streng sparen, um die EU-Kriterien für finanzielle Stabilität zu erfüllen. Die Balance zwischen einem Sparkurs und Maßnahmen, die die Wirtschaft ankurbeln, gilt als Hauptaufgabe einer neuen Regierung.
ÖVP: "Rückwärtsgewandte Kräfte"
Aus Sicht der ÖVP hat die SPÖ die Hauptverantwortung für die Entwicklung. "Das Verhalten von Teilen der SPÖ hat zur aktuellen Situation geführt", schreibt ÖVP-Generalsekretär Christina Stocker. "Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen."
Wie es nun weitergeht, ist unklar. ÖVP und SPÖ könnten auf ihre Mehrheit von nur einer Stimme setzen – oder es kommt zu einer Neuwahl. Dabei könnten die Rechtspopulisten auf einen fulminanten Sieg hoffen. Letzte Umfragen signalisierten ein weiteres großes Stimmen-Plus im Vergleich zur Nationalratswahl. Danach könnte die FPÖ mit bis zu 40 Prozent rechnen.
Mit Informationen von dpa
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