Koalitionsvarianten: Das große Rechnen
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Koalitionsvarianten nach der Wahl: Das große Rechnen

Koalitionsvarianten nach der Wahl: Das große Rechnen

Wie immer bei Bundestagswahlen stellt sich die Frage: Wer regiert mit wem? Die Koalitionsmöglichkeiten hängen diesmal entscheidend davon ab, ob es FDP, Linke und BSW ins Parlament schaffen. Aber nicht unbedingt, weil sie als Partner infrage kommen.

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Wer bildet die kommende Bundesregierung, welche Koalitionsszenarien sind denkbar? Die letzten Umfragen vor der Bundestagswahl geben Anhaltspunkte, offenbaren aber auch Unwägbarkeiten. Entscheidend ist logischerweise, wie am Sonntag abgestimmt wird. Und da richtet sich der Blick auf die drei "Kleinen": FDP, Linke und BSW. Ob sie tatsächlich die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, ist offen – zumal die Schwankungsbreite bei Umfragen rund zwei Prozentpunkte beträgt.

Konstellationen ohne die Union sind unwahrscheinlich

Sicher ist Stand jetzt: Die AfD als in den Umfragen zweitstärkste Kraft scheidet (politisch) als Koalitionspartner aus, weil alle wesentlichen Parteien eine Zusammenarbeit ausschließen. Und: An der Union, also an CDU und CSU, kommt als vermutlich mit Abstand stärkste Kraft keiner vorbei. Konstellationen ohne die Union sind sehr unwahrscheinlich.

Mit wem aber kann die Union koalieren? Für ein Zweierbündnis kommen die beiden "mittelgroßen" Parteien SPD und Grüne in Frage – abhängig natürlich davon, ob sie ausreichend Sitze holen. Und auch abhängig von politischen Vorbehalten. Die CSU schließt derzeit ein Bündnis mit den Grünen aus. Sollte das so bleiben, käme auch eine schwarz-rot-grüne Dreierkombi ("Kenia-Koalition") nicht zustande. Rechnerisch hätte sie wohl eine satte Mehrheit.

Die "Kleinen" und der große Kuchen

Entscheidend für das Zustandekommen einer Zweierkoalition mit der Union ist der Einzug oder Nichteinzug der drei "Kleinen" ins Parlament. Derzeit stehen in den Umfragen gleich drei Parteien knapp über oder unter der Fünf-Prozent-Hürde: FDP, Linke und BSW. Hinzu kommen die "sonstigen" Parteien, die Umfragen zuletzt zusammengerechnet zwischen fünf bis sechs Prozent gesehen haben.

Generell gilt: Je mehr Parteien in den Bundestag kommen, desto höher liegt die Schwelle für eine Mehrheit der Sitze. Scheitert eine Partei, spielen ihre Stimmen keine Rolle mehr und die Ergebnisse der anderen Parteien bekommen bei der Sitzverteilung größere Kuchenstücke.

Eine Beispielrechnung: Angenommen, es fallen insgesamt 13 Prozent der abgegebenen Stimmen weg, weil es Parteien nicht in den Bundestag schaffen. In diesem Fall kämen für die Verteilung der Sitze im Parlament nur noch 87 Prozent der Stimmen in Betracht. Eine Mehrheit der Sitze wäre dann bei über der Hälfte erreicht, also bei mehr als 43,5 Prozent der Stimmen.

Das könnte, zieht man die Zahlen der jüngsten Umfragen heran, für Schwarz-Rot (oder Schwarz-Grün) reichen. Das Zustandekommen einer Zweierkoalition aus Union und SPD (oder Grünen) hängt also entscheidend davon ab, ob es FDP, Linke und/oder BSW den Einzug ins Parlament schaffen. Es gibt mehrere Szenarien:

Szenario 1: Zwei oder alle drei "Kleinen" scheitern an Fünf-Prozent-Hürde

"Wenn alle drei kleinen Parteien den Einzug in den Bundestag verpassen, dann reicht es nach jetzigem Stand für eine Zweier-Koalition", sagt Roland Abold vom Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap. "Wenn es eine der Parteien schafft, dann könnte es ebenfalls noch reichen."

Szenario 2: Zwei oder alle drei "Kleine" ziehen in den Bundestag ein

Wenn es unter FDP, Linke und BSW "zwei oder drei in den Bundestag schaffen, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass es für eine Zweier-Koalition reicht", sagt Abold. Dieses Szenario würde eine Zweierkoalition mit der Union also praktisch unmöglich machen.

Ein Dreierbündnis wäre dann möglich, aber unsicher. Für Schwarz-Rot-Grün müsste die CSU ihre Vorbehalte über Bord werfen. Schwarz-Rot-Gelb ("Deutschland-Koalition" mit SPD und FDP) wäre wohl rechnerisch drin, würde aber Ballast der gescheiterten "Ampel" mitschleppen. Schwarz-Grün-Gelb ("Jamaika-Koalition") dürfte rechnerisch knapp werden und ist nach dem Dauerstreit zischen FDP und Grünen auch politisch sehr unwahrscheinlich. Schwarz-Rot-Linke ist wegen der Vorbehalte der CDU gegenüber der Linken praktisch ausgeschlossen. Schwarz-Rot-BSW dürfte wegen der außenpolitischen Positionen der Wagenknecht-Partei nicht zustande kommen.

Rechnerisch ausgeschlossen sind wohl Bündnisse ohne die Union, zum Beispiel eine Dreierkoalition aus SPD, Grünen und Linken ("R2G"). Und auch ein "Vierer" mit SPD, Grünen, der Linken und BSW ist extrem unwahrscheinlich. Randnotiz: Sollten diese Konstellationen dennoch zusammenfinden (können), könnte Olaf Scholz womöglich Kanzler bleiben.

Wann werden die Koalitionsmöglichkeiten klar sein?

Nach Schließung der Wahllokale werden am Sonntagabend erst Prognosen auf Grundlage von Nachwahlbefragungen und dann Hochrechnungen auf Basis von Teilergebnissen veröffentlicht. Kleine Verschiebungen können dabei große Auswirkungen haben.

"Selbst am Wahlabend wird sich vielleicht zunächst nicht sicher sagen lassen, ob zwei Parteien für eine Koalition reichen", sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe Wahlen. "Denn manchmal ist es ganz knapp mit der Fünf-Prozent-Hürde." Klarheit könnte es erst in der Nacht oder am frühen Montagmorgen geben, wenn die Bundeswahlleiterin das vorläufige offizielle Ergebnis nach Auszählung aller Stimmbezirke veröffentlicht.

Video: Alles Wichtige vor der Bundestagswahl

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