Der Borissowskoje-Friedhof, auf dem die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Nawalny am Freitag stattfinden soll.
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Der Borissowskoje-Friedhof, auf dem die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Nawalny am Freitag stattfinden soll.

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Nawalny-Team ruft Russen zur Teilnahme an Beerdigung auf

Zwei Wochen nach seinem Tod wird Kremlgegner Nawalny an diesem Freitag in Moskau zu Grabe getragen. Das Team des Oppositionellen ruft die Menschen auf, sich von ihm zu verabschieden. Das EU-Parlament macht indes Putin für Nawalnys Tod verantwortlich.

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Das Team des in Lagerhaft gestorbenen Kremlgegners Alexej Nawalny hat die Menschen aufgerufen, an diesem Freitag trotz erwarteter Polizeipräsenz zur Trauerfeier und zur Beerdigung des Oppositionellen in Moskau zu kommen. Die Trauerfeier in der Kirche sei für 14.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) geplant, die Beerdigung auf dem Friedhof Borissowskoje dann zwei Stunden später angesetzt, teilte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch mit.

Kommen sollten alle, denen Nawalnys politische Arbeit etwas bedeutet habe. Der Fußweg von der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone "Lindere meine Trauer" bis zum Friedhof beträgt demnach 28 Minuten.

Intervention der Sicherheitskräfte befürchtet

Nawalnys Team will live im Internet berichten über die Trauerfeier im südöstlichen Bezirk Marjino sowie über die Beerdigung und empfahl Gästen, früh da zu sein. Es wird ein großes Sicherheitsaufgebot erwartet – und befürchtet, dass Uniformierte Nawalnys Anhängern den Zugang versperren könnten.

Auch die Witwe Julia Nawalnaja verbreitete den Aufruf, zur Trauerfeier zu kommen. Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja hatte den Leichnam ihres Sohnes nach tagelanger Forderung an die Behörden, ihn ihr auszuhändigen, am Samstag erhalten. Eine von den Behörden zunächst geforderte heimliche Beerdigung lehnte sie ab. Wer um Nawalny öffentlich in Russland trauert, läuft Gefahr, verhaftet zu werden. Hunderte Menschen wurden zuletzt etwa bei der Niederlegung von Blumen für Nawalny festgenommen.

Beerdigung von Nawalny: Behörden setzen Bestatter unter Druck

In den vergangenen Tagen hatte Nawalnys Team nach einem Ort für die Trauerfeier gesucht und beklagt, dass sie dabei von den russischen Behörden behindert wurden. Nach russisch-orthodoxem Brauch ist es eigentlich üblich, Tote nach drei Tagen zu beerdigen und ihren Leichnam vorher im offenen Sarg aufzubahren, damit Trauernde sich verabschieden können.

Ein Saal für ein solches Abschiedsritual sei aber nicht zur Verfügung gestellt worden, schrieb Iwan Schdanow, der Direktor des von Nawalny gegründeten Anti-Korruptions-Fonds. Auch ein Leichenwagen war offenbar nicht zu bekommen. Sprecherin Jarmysch erklärte, Unbekannte hätten Bestattungsfirmen bedroht, damit sie keinen Wagen vermieteten.

EU-Parlament: Putin "strafrechtlich und politisch" verantwortlich

Das Europaparlament hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin unterdessen unmittelbar für den Tod des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny verantwortlich gemacht. "Die russische Regierung und Wladimir Putin persönlich tragen die strafrechtliche und politische Verantwortung für den Tod von Alexej Nawalny", hieß es in einer in Straßburg mit breiter Mehrheit verabschiedeten Resolution. 506 EU-Parlamentsabgeordnete stimmten für die nicht bindende Resolution, neun dagegen.

Das EU-Parlament forderte eine unabhängige, internationale und transparente Untersuchung der genauen Todesumstände, damit die Verantwortlichen "zur Rechenschaft gezogen werden" und Recht gesprochen werde. Einen Tag vor der geplanten Beisetzung Nawalnys rief das EU-Parlament Moskau auf, nicht die Bemühungen der Familie "zu behindern", eine "würdevolle Beerdigung zu organisieren". Julia Nawalnaja hatte am Mittwoch vor dem EU-Parlament gesagt, sie befürchte Festnahmen während der Trauerfeier.

Bürgerrechtler werfen Putin Mord vor

Nawalny war offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt.

Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer "natürlichen" Todesursache, wie es auf dem Totenschein heißen soll, nicht die Rede sein kann. Nawalnaja, sein Team und Bürgerrechtler hatten Putin die Ermordung des Politikers vorgeworfen.

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