Symbolbild: Ein Mann mit Mundschutz trägt einen Container für den Organtransport
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Symbolbild: Organtransport

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Neue Initiative im Bundestag für geänderte Organspende-Regeln

Im Ringen um mehr Organspenden kommt ein neuer Anlauf für eine Reform der Spenderegeln: Eine Gruppe von Abgeordneten will am Vormittag im Bundestag dazu eine fraktionsübergreifende Initiative vorstellen – doch schon vorab gibt es Kritik.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

965 Verstorbene spendeten 2023 ein oder mehrere Organe. Der Bedarf ist wesentlich höher, denn rund 8.400 Menschen stehen auf Wartelisten für ein lebensrettendes Spenderorgan. Im Ringen um mehr Organspenden kommt nun ein neuer Anlauf für eine Reform der Spenderegeln. Eine Gruppe von Abgeordneten will am Vormittag im Bundestag eine fraktionsübergreifende Initiative vorstellen.

Dabei geht es um die "Einführung einer Widerspruchsregelung". Das heißt, dass zunächst alle als Spender gelten sollen – außer, man widerspricht. Derzeit sind Organentnahmen nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Nur wer zu Lebzeiten seine Bereitschaft zur Organspende dokumentiert hat, ist auch potenzieller Organspender. Ein erster Anlauf für eine Widerspruchslösung war 2020 im Bundestag gescheitert.

Kritik schon im Vorfeld

Die neue Initiative vorstellen wollen die Abgeordneten Sabine Dittmar (SPD), Gitta Connemann (CDU), Armin Grau (Grüne), Christoph Hoffmann (FDP), Peter Aumer (CSU) und Petra Sitte (Linke). Kürzlich hatte bereits Nordrhein-Westfalen mit mehreren weiteren Ländern einen Vorstoß in diese Richtung unternommen, über den derzeit im Bundesrat beraten wird.

Doch schon im Vorfeld wurden Einwände laut. Die FDP-Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr sagte der Deutschen Presse-Agentur, dies wäre ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen. "Anstatt auf staatliche Bevormundung zu setzen, sollten wir die selbstbestimmte Entscheidung über eine Spende verbindlicher gestalten. Darüber, wie eine verbindliche oder verpflichtende Entscheidungslösung ausgestaltet werden kann, werden wir im Deutschen Bundestag diskutieren."

Patientenschützer: "Wer schweigt, stimmt nicht automatisch zu"

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der "Augsburger Allgemeinen" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt): "Wer schweigt, stimmt nicht automatisch zu." Grundsätzlich sei jeder medizinische Eingriff ohne Zustimmung des Betroffenen eine Körperverletzung.

Brysch hält die Einführung einer Widerspruchslösung sogar für verfassungswidrig. In den Vorzeigeländern Europas mit deutlich mehr Organspendern hätten erst organisatorische und strukturelle Maßnahmen zu steigenden Zahlen geführt. "Deshalb braucht es jetzt finanzielle Anreize für Krankenhäuser, ein effizientes Transplantations-Netzwerk, Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren im Umgang mit Angehörigen."

Erster Anlauf vor vier Jahren gescheitert

Für eine Widerspruchslösung ist auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Als Abgeordneter hatte er sich wie der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Bundestags-Abstimmung 2020 dafür starkgemacht. Damals beschlossen wurde aber ein Gesetz, das das Zustimmungsprinzip bestätigte. Es sieht mehr Information und eine leichtere Dokumentation von Erklärungen zur Spendebereitschaft vor. 

Ein zentrales Online-Register als Kern-Element des Gesetzes startete aber erst mit zwei Jahren Verspätung im März 2024. Grund für Verzögerungen war auch die Corona-Krise. Ins Register eingetragen wurden bisher rund 130.000 Erklärungen, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Betreiber auf Anfrage mitteilte. Auf www.organspende-register.de (externer Link) können Nutzer ab dem Alter von 16 Jahren dokumentieren, ob sie zu einer Organspende nach dem Tod bereit sind oder nicht. Eintragen kann man sich zunächst, indem man einen Ausweis mit Online-Funktion verwendet. Die Angaben sind freiwillig, kostenlos und jederzeit änderbar.

Kliniken, die Organe entnehmen, sollen vom 1. Juli an gespeicherte Erklärungen auf dem Register suchen und abrufen können. Erklärungen auf Papier, beispielsweise in Organspendeausweisen, sind daneben weiterhin möglich.

Mit Informationen von dpa, epd, KNA.

Im Video: Widerspruchsregelung: Neuer Anlauf im Bundestag

Klinikpersonal läuft mit einer Organ-Box über einen Krankenhausflur
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Klinikpersonal läuft mit einer Organ-Box über einen Krankenhausflur

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